Autoren: Ernö und Renate Zeltner
Zugegeben, es ist billig, das Schiller-Zitat »Franz heißt die Kanaille« an den Anfang dieses Namensartikels zu setzen. Passender und weniger weit hergeholt wären zweifellos Assoziationen zur Musik und zu Musikern wie Schubert, Liszt, Lehar oder Erkel. Berühmte Träger des Namens gab es zu allen Zeiten, von François Villon bis Franz Kafka, von Kaiser Franz Josef I. bis zu Franz Josef Strauß und in der Gegenwart zum »Fußball-Kaiser« Franz Beckenbauer.
Franz Schubert
Will man unter den zahlreichen Berühmtheiten einen besonders herausheben, so kann das eigentlich kein anderer sein als Franz Schubert. Das Leben ist mit ihm äußerst stiefmütterlich umgegangen, und auch seine Musik fand zu Lebzeiten Schuberts nicht die gebührende Anerkennung; sie wurde vorwiegend bei privaten Musikabenden, den »Schubertiaden«, gespielt. Nur ein kleiner Kreis von Musikfreunden hat den Komponisten geschätzt und bewundert.
Wie wenig er über den engeren Freundeskreis hinaus bekannt war, wird aus den folgenden Episoden deutlich. Ein treuer Freund Schuberts, Josef Edler von Spaun, hatte seinerzeit die Idee, eine Sammlung von Schubert-Liedern, hauptsächlich vertonte Goethe-Gedichte, an den Dichterfürsten nach Weimar zu schicken, und er schrieb dazu, dass der Komponist sie gern Seiner Exzellenz widmen möchte. Goethe antwortete nicht.
Als der damals noch ziemlich unbekannte Schubert danach die Lieder an den Musikverlag Breitkopf und Hertel schickte, kam es zu einer amüsanten, aber auch aufschlussreichen Verwechslung – wie aus dem Brief eines damals offensichtlich bekannteren »Königlichen Kirchenkompositeurs« zu Dresden an den Musikverlag hervorgeht, der zufällig auch Franz Schubert hieß:
Wertgeschätzter Freund!
Noch muß ich Ihnen melden, daß ich vor ungefähr 10 Tagen einen von Ihnen mir schätzbaren Brief erhalten, wo mir dieselben ein von mir sein sollendes Manuskript, der Erlkönig von Göthe überschickten, zu meinem größten Erstaunen melde ich, daß diese Kantate niemals von mir komponiert worden; ich werde selbige in meiner Verwahrung behalten, um etwan zu erfahren, wer dergleichen Machwerk an Ihnen auf so eine unhöfliche Art übersendet hat, und um auch diesen Padron zu entdecken, der meinen Namen so gemißbraucht.
Die staunende Entdeckung kam erst nach Schuberts frühem Tod zutage. Und auch dann galt die Verehrung nur dem »Liederkönig«, also der Hälfte seines Schaffens; die sinfonischen Werke, die Kammermusik, seine Klavier- und Chorwerke, seine Tänze, all die ewig gültigen Meisterwerke des Musikgenies fanden erst nach und nach Eingang ins Repertoire der Konzertsäle.
Daran, dass Schuberts Schaffen lange Zeit falsch eingeschätzt wurde, tragen nicht zuletzt seine frühen Biographen Schuld. Sie hielten sich vor allem an die romantischen Anekdoten, die Schuberts Freunde und Bekannte über ihn erzählten. Die biedermeierliche Operette des Heinrich Berte über Schuberts Leben >Das Dreimäderlhaus< mit besonders eingängigen Melodien des Komponisten trug zur Weiterverbreitung des Schubert-Klischees bei. Rührselige österreichische Schubert- Filme lieferten das Sahnehäubchen dazu.
Der Schriftsteller und Kulturtheoretiker Ernst Fischer schrieb in einer bissigen Nachlese zum 10. Deutschen Sängerbundfest im Sommer 1928 anläßlich des 100. Todestages von Franz Schubert in der Wiener Arbeiter-Zeitung über den Komponisten und den Fremdenverkehr:
Im Schaufenster eines Lebensmittelgeschäftes steht die Büste Schuberts. Sie ist aus dem Stoff geformt, der für die Backhendeln und für die Heroen des österreichischen Spießers unentbehrlich ist: aus Schmalz. Es gibt auch Schubert-Büsten aus Gips, aus Seife, aus Marmelade, aber kein Material entspricht so sehr dem Wesen unserer Heldenverehrung als das Schmalz, das der ingeniöse Kaufmann von Künstlerhänden bearbeiten ließ, bis es dem Schubert glich, den der Spießer begreift … Schubert, den meisten Menschen aus der Operette >Das Dreimäderlhaus< bekannt, war eine glückliche Mischung von einem österreichischen Spießer und einem europäischen Genie; daß er ein Genie war, nimmt man aus Reklamegründen in Kauf, daß er ein Spießer war, steigert die von hundert zu hundert Jahren fällige Ehrfurcht zur unüberwindlichen Sympathie.
Franziskus von Assisi
Der Versuch, einen Bogen zu spannen vom Genie Franz Schuberts zu seinem Namenspatron Franziskus von Assisi, könnte leicht krampfhaft wirken. Immerhin war auch der große Heilige vom Anfang bis zum Ende seiner irdischen Pilgerschaft der Musik verbunden. Als übermütiger, lebensfroher Jüngling hatte er die Weisen der Troubadoure auf den Lippen, die ihn seine französische Mutter gelehrt, an seinem Todestag aber sang er das >Willkommen an den Bruder Tod<.
Doch nicht die Musik war es, die seinen Alltag bestimmte, vielmehr hat er sich ganz einem Leben in Armut und im Dienst an Gott verschrieben. Seine tiefe Verbundenheit mit der Natur und allen Geschöpfen äußerte sich in der Zwiesprache mit den Tieren. Keine Kreatur war ihm zu gering für eine liebevolle Zuwendung. Sein Fest feiern Kirche und Namensträger am 4. Oktober. Bilder aus seinem Leben zeigt am eindrucksvollsten Giottos berühmter Zyklus im in jüngster Zeit immer wieder von Erdbeben heimgesuchten Assisi. Franziskus war nicht nur Gründer des Franziskanerordens, er wird auch von mehreren Zünften und Handwerkern als Patron verehrt, unter ihnen die Kaufleute, Schneider, Weber, Flachshändler und Posamentierer.
Fanny Elßlers
Eine Franziska, die eine wundersame Karriere gemacht hat und deren Name um die Welt gegangen ist, war zwar keine Heilige, aber sie hat sich ihren Ruhm verdient. »Sie ist das Lächeln ihres Jahrhunderts gewesen, eines der seltenen Meisterwerke, die der Schöpfer viele Menschenalter in seinen Händen wägt, ehe er sie zum Leben entlässt.« Wenn diese kurze Würdigung Fanny Elßlers (1810-1884) mit dem Text auf der Gedenktafel ihres Wiener Sterbehauses beginnt, so allein deshalb, weil er sich wohltuend unterscheidet von den zahllosen Lobgesängen auf die Künstlerin, die sogar für unsere durch die Superlative heutiger Werbetexte abgehärteten Ohren oft maßlos wirken. Mit diesem Text hat das angesehene französische Literatenpaar Edmond und Jules Goncourt der legendären Wiener Tänzerin gehuldigt.
Sie kam aus bescheidensten Verhältnissen der Wiener Vorstadt – bis zum Tod des Komponisten war ihr Vater Diener und Notenkopist bei Joseph Haydn. Offensichtlich stand der berühmte Musiker zeitlebens der Familie bei, aber daß er die kleine Elßler auch übers Taufbecken hielt, ist Legende; Haydn starb schon vor ihrer Geburt.
Kinderballett
Ihre tänzerische Laufbahn begann Fanny, wie ihre ältere Schwester Therese, kaum dass sie laufen konnte, in einem berühmt-berüchtigten Kinderballett; und schon bald drehte sie ihre Pirouetten im kaiserlichen Theater am Kärntnertor. Mit zwölf tanzte sie die ersten Solopartien.
Ein gewiefter Impresario erkannte Fannys Talent und brachte sie an den Königshof von Neapel. Bei diesem Auslandsengagement erlebte das charmante Wiener Mädel seinen ersten Liebesfrühling, aber auch schwere Enttäuschungen. Nach Wien ist sie dann schon als gefeierte Künstlerin zurückgekehrt, und sie wurde auch offiziell Freundin des nicht mehr jungen, aber galanten und geistreichen Friedrich von Gentz, dem Sekretär von Kanzler Metternich. Von diesem ihrem Mentor lernte sie Lebensart und erfuhr eine gediegene Bildung.
Zum großen Erfolg wurde ihr Gastspiel in Berlin, nach der Rückkehr bezauberte sie erneut das Wiener Publikum. Doch zu einem unangefochtenen internationalen Star wurde sie im tanzbegeisterten Paris, wo Publikum und Kritik sie vergötterten. Fanny Elßler überflügelte alle Konkurrenz, weil sie technisch virtuos war, natürlichen Charme und Witz besaß, großartige schauspielerische Begabung hatte und ihre Rollen nicht nur tanzte, sondern auch lebte. Ihr klassisches Repertoire ergänzte sie jeweils durch Nationaltänze des Gastlandes, was ihre Popularität noch steigerte.
Triumphe
Sie feierte auch in London, Petersburg oder Pest Triumphe, und als erste europäische Tänzerin nahm sie 1841 ein verlockendes Angebot in die neue Welt an, tanzte sich durch Nord- und Südamerika, wo man sie überall – so wird berichtet – mit einem Blumen- und Dollarregen überschüttet hat. Rosenzüchter benannten Rosen nach Fanny Elßler, die Zeitungen berichteten über ihre Auftritte auf Seide; bei ihrer Abschiedsvorstellung in London – so wurde kolportiert – mussten die Glücklichen, die zu Höchstpreisen Eintrittskarten ergattert hatten, sich mit dem Degen in der Hand zu ihren Plätzen durchschlagen, und die Geschenke, die ihr an diesem Abend überreicht wurden, hatten einen Wert von mehr als 200 000 Francs!
In Moskau soll man der Tänzerin ein Weizenbrot überreicht haben, in dem sie später ein kostbares Armband fand. In Amerika erhielt sie eine ganze Kollektion kostbarer Edelpelze, ein andermal eine Kiste Havanna-Zigarren; als sie eine herausnahm, kam eine Stange Gold im Wert von 50 000 Dollar zum Vorschein.
Übertreibung oder Legende
Was von all dem Übertreibung oder gar Legende ist, kann heute nicht mehr verifiziert werden. Überliefert sind aber die witzig-weisen Worte von Papst Pius IX., die er äußerte, als die Stadt Rom der angebeteten Künstlerin 1847 (sie tanzte damals im Theater Argentina) einen goldenen Kranz verehren wollte und dazu die päpstliche Zustimmung einholen mußte:
Gebt nur der Tänzerin den Kranz, wenn es Euch drängt; weder die Würde unserer Kirche noch die Sicherheit des Staates gefährdet dies. Allein ich hätte geglaubt, daß ein solcher Kranz für den Kopf und nicht für die Beine gehört.
Die französische Bildhauerin Fauveau hat den Fuß der »holdseligen Fanny Elßler«, dessen zierliche Spitze auf Rosen tritt, 1847 in Florenz aus Carraramarmor gemeißelt; das Bildwerk trägt die Inschrift »Pedem formosum« und steht neben dem unvorstellbar kleinen Tanzschuh der Fanny im Wiener Burgtheatermuseum.
Ungezügelte Begeisterung
Die ungezügelte Begeisterung, mit der man den »Tanzwerkzeugen« der großen Fanny Elßler gehuldigt hat, forderte aber auch den Spott mancher Zeitgenossen heraus. Der spätromantische deutsche Dichter Friedrich Rückert machte sich seinen speziellen Reim auf den Starrummel um die Tänzerin:
Nun kann ich in Frieden zu Grabe gehn,
Da ich das Höchste im Leben,
Der göttlichen Fanny Beine gesehn,
Sich bis zum Himmel erheben!
Fanny Elßler beendete ihre glanzvolle Karriere zu einem von ihr selbst gewählten Zeitpunkt in behaglichem bürgerlichem Wohlstand. Als sie mit 74 Jahren starb, betrauerte sie ganz Wien.
… Bedeutung, Herkunft und Häufigkeitsstatistik der Namen Franz und Franziska