Von Ernö und Renate Zeltner
Den Bibelfesten fällt zu diesem Namen die alttestamentarische Begebenheit von Daniel in der Löwengrube ein, der zu den vier großen Propheten gezählt wird. Der Daniel, der vor allem Literaturkundigen in den Sinn kommt, hat mit Robinson, dem Helden seines berühmten Romans, Kinder und Erwachsene fasziniert und glücklich gemacht.
Der Lebenslauf des Daniel Defoe, Verfasser von >Leben und Abenteuer des Robinson Crusoe<, war übrigens nicht weniger abenteuerlich als der seines Romanhelden. In seiner Jugend bereitete er sich auf ein geistliches Amt vor, wechselte dann in ein einträglicheres Fach, ging in den Handel und reiste zeitweise als Strumpfwarenagent durch Europa. Wahrscheinlich verließ der im Geist der protestantischen Freikirche erzogene Daniel nicht aus freien Stücken das England der katholischen Stuarts. Zwischen Harwich und Hoek van Holland wurde er von algerischen Piraten gekidnappt, aber bald wieder freigekauft. Er nahm am gescheiterten Aufstand des Herzogs Monmouth gegen Jakob II. um die Thronfolge teil und musste schließlich fliehen.
Vor allem aber entfaltete Defoe eine rege journalistische und auch politische Tätigkeit. Wegen Pressedelikten und politischer Parteinahme stand er wiederholt am Pranger – doch das Volk von London bewarf den Pranger mit Blumen. Seine Pamphlete und politischen Traktate über soziale und volkswirtschaftliche Fragen waren gefürchtet und trugen ihm nicht selten auch hohe Bußgelder ein. Er gab Zeitschriften heraus, gründete Sparkassen und organisierte die ersten Hagel- und Feuerversicherungen.
Durch Heirat und Fleiß wurde Daniel Defoe reich (mit acht Kindern auch kinderreich), doch Kriegsereignisse und wirtschaftliche Fehlschläge ruinierten ihn bald wieder; bis zum Lebensende haben ihn seine Schuldner verfolgt. Immerhin gelang es ihm, nach vielen Unbilden und allerlei Ränken, aus bescheidensten Verhältnissen bis zum Berater von Regierungen und zum Vertrauten des Königs aufzusteigen.
Defoe selbst schätzte seine literarische Bedeutung nie besonders hoch ein, zeitlebens legte er mehr Wert darauf, ein angesehener Journalist und Politiker zu sein, als in die Literaturgeschichte einzugehen. Dennoch, sein 1719 mit fast sechzig geschriebener erster Roman war ein durchschlagender Erfolg. Er wurde in alle Kultursprachen übertragen, aus dem »Bestseller« ist ein »Longseller« über Jahrhunderte geworden. Die Ausgaben, Übersetzungen und nachgeahmten Robinsonaden sowie die Verfilmungen des Stoffes sind kaum zu zählen.
Zur Rekapitulation der Geschichte, die die meisten im Kindes- oder Jugendalter lesen, hier der übersetzte vollständige Titel:
Das Leben und die seltsamen Abenteuer des Robinson Crusoe, eines Seemanns aus York. Welcher 28 Jahre ganz allein auf einer unbewohnten Insel vor der amerikanischen Küste, nahe der Mündung des großen Orinoco lebte, wohin er nach einem Schiffbruch, bei dem die ganze Besatzung außer ihm selbst ums Leben kam, verschlagen wurde. Nebst dem Bericht, wie er auf wunderbare Weise durch Piraten gerettet wurde. Geschrieben von ihm selbst.
Ob es wohl zu diesem weltliterarischen Ereignis gekommen wäre, wenn nicht Alexander Selkirk, der Erste Steuermann eines schottischen Kaperschiffs, eines Nachts mit seinem Kapitän in Streit geraten wäre? Das Schiff, auf dem es zu einer Auseinandersetzung um die noch gar nicht gemachte Beute kam, befand sich auf der Fahrt in die Südsee. Man schrieb das Jahr 1704. In der Hitze des Wortgefechts verlangte der unterlegene Selkirk, der sich für unabkömmlich hielt, an Land gebracht zu werden. Man tat ihm den Gefallen – und setzte ihn auf der malerischen, aber unbewohnten Insel Juan Fernandez im Südostpazifik aus. Fast viereinhalb Jahre musste der Mann sich ganz allein in der Wildnis durchschlagen, bis er von einem Schiff unter Kapitän Woodes Rogers gerettet wurde. Selkirks leidvolle Erlebnisse und vielleicht auch die Geschichte von einem gewissen Robert Knox, der 19 Jahre in völliger Isolation auf Ceylon verbracht hatte, dürften Defoe zu seinem >Robinson< angeregt haben.
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