Berühmte Namensträger: Walter

Von Ernö und Renate Zeltner


Zwar ist der Name auch durch den vorbildlichen Lebenswandel des heiligen Walter von Pontua (Namenstag am 8. April) geadelt, der eigentlich viel lieber Einsiedler als Abt gewesen wäre; doch viel berühmter ist der ein Jahrhundert später in Tirol zur Welt gekommene Walther von der Vogelweide (um 1170-1229) geworden. Viele Lieder und Gedichte des aus dem Dienstadel stammenden Spruchdichters und Minnesängers sind bei aller höfischen Konvention zugleich Ausdruck sehr persönlicher Empfindungen, der Liebe zur Natur, zum Vaterland und zu den Damen. Walther besingt nicht nur die Schönheit der hochgestellten Edelfrauen, sondern auch die Reize der Mädchen aus dem Volk. In seiner politischen Spruchdichtung aber weiß er eine scharfe Klinge zu führen. Er nimmt leidenschaftlich Partei für Reich und Staufenkaiser und wendet sich zornig und oft voller Häme gegen die politischen Ränkespiele der Päpste. Heiter-sinnliche Liebeslyrik prägt eine wichtige Phase seines Schaffens (>Mädchenlieder<), in der er einer geliebten Frau Verse wie diese in den Mund legt:

Unter der Linde
Auf der Heide
Wo unser beider Bett war,
Da mögt ihr finden Wohl beides
Zerknittert, Blumen und Gras.
Vor dem Wald
Tandaradei
Schön sang die Nachtigall.

(Aus dem Mittelhochdeutschen)

Walther von der Vogelweide
Walther von der Vogelweide

Ein anderer Walter wurde gleichsam zum »Erneuerer des Bänkelsangs«. Walter Mehring (1896-1981) hat seine besten Tage in den »goldenen Zwanzigern« in Berlin erlebt. Hier kam er als Mitgründer der Dada-Sektion und Mitarbeiter der Zeitschrift >Sturm< zu literarischem Ruhm. Den geistreichen Protestsänger und erbitterten Antifaschisten verband eine enge Freundschaft mit Kurt Tucholsky. Der hat als Peter Panter 1920 in der >Weltbühne< über Mehring geschrieben:

Die virtuose Beherrschung einer neuen Form – das ist noch gar nichts. Wenn wirklich neue Philosophie, Ablehnung aller Metaphysik, schärfste und rüdeste Weltbejahung einen Straßensänger gefunden haben, der das alles in den Fingerspitzen hat: Leierkastenmusik, die Puppe auf dem Sofa des Strichmädchens, die eingesperrten Kinder, deren Mutter uff Arbeet jeht, Männer vom Hausvogteiplatz, für die die Welt keine Rätsel mehr birgt, brave Abonnenten, denen das Insertionsorgan Kindtaufe, Hochzeit und Sonnenaufgang vorschreibt – wenn die neue Zeit einen neuen Dichter hervorgebracht hat: hier ist er.

Mehring erwiderte mit einem > Dankgebet für Peter Panter<:

‚ck lebe wie’n Veilchen ohne Vabreitung janz vasteckt …
Aba neilich hat ma‘ Eener in de Zeitung doch entdeckt!
Und ‚ck dachte, wie’s een’m so stillos koddrig geht!
Und wie mieß ma zumut is
Und wie der Mensch jut is …
Und ‚ck bin jefiehllos ‚ck bin Poet!

1933 emigrierte der Jude Walter Mehring nach Wien, 1938 in die USA. Er lebte nach dem Krieg in der Schweiz, konnte aber den Bruch seiner Karriere (»ein fast vergessener Dichter«) nie verwinden.