Berühmte Namensträger: Reinhold

Von Ernö und Renate Zeltner


Die Legende berichtet vom heiligen Reinhold (sein Namenstag ist der 7. Januar), dass er aus dem Geschlecht der Karolinger stammte oder jedenfalls in so enger verwandtschaftlicher Beziehung zu ihnen stand, dass er Karl den Großen Onkel nennen durfte. Den tapferen Krieger soll ein Strahl der Erleuchtung getroffen haben, der ihn veranlasste, statt als streitbarer Ritter fortan als Einsiedler, später als Mönch des Klosters Sankt Pantaleon in Köln zu leben und beim Bau des großen Domes der Stadt mitzuwirken. Den Armen und Hilfsbedürftigen erwies er mancherlei Wohltaten, auch tat er sich durch fleißiges Beten und Arbeiten so sehr hervor, dass er bald zum Aufseher der Dombauhütte bestellt wurde. Weil er seine faulen und lasterhaften Untergebenen allzu streng in die Pflicht genommen, sollen sie ihn im Jahr 960 mit einem Hammer erschlagen und seinen Leichnam im Rhein versenkt haben. Wunder auf Wunder geschah, als der Sack mit dem Toten angeschwemmt wurde, alle Glocken von Köln läuteten, ohne dass ein Glöckner sie berührt hätte, Kranke wurden beim Anblick des Leichnams geheilt. Den Schrein mit den kostbaren Reliquien Reinholds machte der Kölner Erzbischof bei Gelegenheit den Dortmunder Stadtvätern zum Geschenk, die ihre Hauptkirche nach ihm benannten und den ebenso wohltätigen wie fleißigen Heiligen zum Beschützer ihrer Stadt erkoren. Er wird, wohl wegen des Mordhammers, als Patron der Steinmetze verehrt, denen er heutzutage einen auskömmlichen Verdienst bei der Beseitigung von Umweltschäden an den Kirchen und Baudenkmälern der Stadt beschert.

Ein anderer Reinhold ist unter dem wohltönenden italienischen Pendant seines Namens in die Geschichte der Trivialliteratur eingegangen: Rinaldo Rinaldini, den Christian August Vulpius (1762-1827) zum Titelhelden seines Hauptwerkes machte, trieb sein (gelegentlich segensreiches) Unwesen als Räuberhauptmann in den unwegsamen Höhen des Apennin. Mit seinen Spießgesellen bestand er unzählige gefährliche Abenteuer und Liebeshändel, sackelte dabei die Reichen aus, um seine schützende Hand über Bedürftige, Einsiedler und Damen zu halten – im Falle der letzteren nicht ohne den gebührenden Lohn für seine Wohltaten einzustreichen. Das einfache Volk war ihm ebenso verfallen wie all die schönen Mädchen und Frauen an seinen Wegen. Vulpius‘ »unsinniges Machwerk« (wie es schon die Kritiker des 19. Jahrhunderts genannt haben), nutzt alle gängigen Klischees vom hochherzigen Räuber, der die Herren schröpft und den Armen gibt und natürlich auch stets politisch korrekt an den richtigen Fronten kämpft, und es erwies sich als so erfolgreich, daß der Autor einen beliebten Kunstgriff heutiger Soap opéras benutzen musste, um seinen Helden nach Bedarf und Nachfrage am Leben zu erhalten beziehungsweise ihn wieder zum Leben zu erwecken; erst nach der vierten Fortsetzung des Romans durfte sich Rinaldo Rinaldini samt seiner Räuberschar in die ewigen Jagdgründe verabschieden.

Ein Rinaldo aber hat auch musikalische Spuren hinterlassen und in Gestalt eines Kreuzfahrers aus dem Gefolge des Gottfried von Bouillon Georg Friedrich Händel 1711 zur Komposition der gleichnamigen Oper angeregt, mit der sich der Komponist das Londoner Publikum im Sturm erobern konnte. Das Libretto stammt von Giacomo Rossi und erzählt vom Ritter, der selbst den verführerischen Reizen der Königin von Damaskus tapfer widerstand und sich schließlich, wenn auch zögerlich, auf seine Pflichten als standhafter Retter des christlichen Abendlandes besann.

Ein weiteres musikalisches Aperçu: Johannes Brahms hat mit seinem Opus 50 einen Goethe-Text namens >Rinaldo< zur Kantate für Tenorsolo, Männerchor und Orchester vertont.