Von Ernö und Renate Zeltner
Den zeitweilig so beliebten Namen haben gleich mehrere Schauspielerinnen der Nachkriegszeit bekannt gemacht: Ursula Andress, die Schweizerin, die Kabarettistin Ursula Herking, die Schauspieler-Tochter Ursula Lingen und schließlich Uschi Glas.
Kaum eine Situation, Angelegenheit, Stimmungslage, in der sich Gläubige nicht an die heilige Ursula wenden könnten. Sie wird von Jugendlichen und Gelehrten, von Buchhändlern und Lehrerinnen, in Heirats- und Ehestandsachen, bei Krieg und drohendem Fegefeuer, bei Krankheit der Kinder und beim Herannahen des Todes als Patronin angerufen. Die Verfasser der Heiligenlegenden müssen einräumen, dass die Beschreibung von Leben und Wirken der heiligen Ursula nicht gerade Dokumentationscharakter hat. Vom Leser sind deshalb vor allem Glaube und viel Phantasie gefordert:
Es war einmal eine Königstochter, die führte in der Bretagne ein frommes christliches Leben. Einem englischen Königssohn kam die Nachricht von der wunderbaren Schönheit des Edelfräuleins zu Ohren, und er begehrte sie sogleich zur Frau. Ursula aber war Christin und stellte Bedingungen: Erstens müsse der Königssohn sich zum Christentum bekehren, zweitens solle er ihr tausend Mägde schicken und außerdem zehn hochwohlgeborene Jungfrauen als Hofdamen, von denen jede wiederum tausend Mägde mitbrächte. Mit diesen insgesamt 11.010 Frauen wollten sie sich zum Heiligen Vater nach Rom aufmachen, um sich seinen Segen zu holen. Der englische König sollte deshalb Schiffe ausrüsten, mit denen die jungfräuliche Flotte auf die Reise gehen könnte. Drei Jahre Frist musste ihr der Bräutigam für die Reise einräumen. Die Leidenschaft des englischen Jünglings war so groß, dass er sich auf die seltsamen Bedingungen einließ und mit Hilfe des königlichen Papas die zehn Hofdamen, 11.000 Mägde und die Schiffe auftrieb.
Die »Jungfern-Fahrt« ging über Meere und Flüsse bis nach Basel, dann zu Fuß über die Alpen (wie einst die Elefanten Hannibals), bis die Damen tatsächlich Rom erreichten. Der Papst war so gerührt und beeindruckt vom Ansturm der Jungfrauenschar, dass er sich entschloss, sie auf dem Heimweg persönlich zu begleiten. Auch mehrere Geistliche und Bischöfe schlossen sich dem frommen Zug bereitwillig an. So kamen sie nach Köln am Rhein, man schrieb das Jahr 453 vielleicht aber auch 386 oder 238. Jedenfalls waren, so wird berichtet, die Hunnen gerade in Mitteleuropa eingefallen und belagerten die Stadt Köln. Die wilden Heiden stürzten sich auf die 11.011 jungen Frauen, um ihnen Hab und Gut, aber vor allem die Ehr zu rauben. Und alle – oh Wunder! – wirklich alle widerstanden; sie gingen lieber in den Tod, als ihre Unschuld den gierigen Hunnensöhnen zu opfern.
Als der Hunnenfürst die schöne Ursula sah, die das Gemetzel bislang überlebt hatte, entbrannte er natürlich in Liebe zu ihr, doch standhaft wies sie den Heiden zurück. Mit einem Pfeil aus seinem Köcher (und sicher nicht aus dem Amors) traf er sie mitten in die Brust. Von dieser Freveltat schockiert, stürmten die Belagerer sodann in wilder Flucht von dannen. Die Kölner und ihre Stadt waren damit gerettet. Sie begruben dankbar die vielen Jungfrauen und bauten über ihrer Grabstätte eine Kirche. Das Fest der heiligen Ursula und der 11.010 anderen christlichen Jungfrauen wird am 21. Oktober gefeiert, besonders in Köln.