Berühmte Namensträger: Peter

Von Ernö und Renate Zeltner


Der Name geht auf Sankt Petrus, den Hauptapostel und Jünger Jesu, zurück, der eigentlich Simon hieß (den Beinamen Petrus gab ihm Jesus – Johannesevangelium 1,42). Er lebte als Fischer am See Genezareth und war verheiratet. Simon Petrus wird als »wechselnd in seinen Entschlüssen« und »rasch in Wort und Tat« beschrieben. Schon vor seiner Berufung zum Apostel hatte er mit Johannes dem Täufer in Verbindung gestanden. Nach Jesu Tod war er neben Jakobus und Johannes Führer der Jerusalemer Urgemeinde. Er gilt als Gründer der ersten christlichen Glaubensgemeinschaft. Missionsreisen führten ihn bis nach Rom. Dort starb er (nach katholischer Lehre als erster Bischof der Stadt) 64 oder 67 unter Kaiser Nero den Märtyrertod am Kreuz. Sein durch Jesu Verheißung begründeter Vorrang unter den Aposteln (»Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde« Matthäusevangelium 16,17) ging auch auf seine Nachfolger im römischen Bischofsamt als Stellvertreter Jesu über. In der bildenden Kunst wird Petrus mit einem oder zwei Schlüsseln dargestellt. Volkstümliche Redensarten machen ihn zum Himmelspförtner und Wetterregenten. Die Kirche feiert sein Fest am 29. Juni (Peter- und Paulstag).

Den seit dem Mittelalter so populären und häufigen Namen trugen berühmte Maler, große Musiker, Herrscher wie Peter der Große; doch der bekannteste, zeitloseste und auf jeden Fall volkstümlichste unter allen Berühmtheiten ist sicher der kleine Strubbelkopf gleichen Namens:

»Sieh einmal, hier steht er.
Pfui! Der Struwwelpeterl
An den Händen beiden
Ließ er sich nicht schneiden
Seine Nägel fast ein Jahr;
Kämmen ließ er nicht sein Haar.
Pfui! Ruft da ein jeder.
Garst’ger Struwwelpeter!«

»Vater« dieses kindlichen Vorläufers der Hippie-Generation war der Arzt Heinrich Hoffmann. Er fand für sein Söhnchen nirgends ein ihm passend scheinendes Kinderbuch; so entschloss er sich, selbst zum Zeichenstift zu greifen – die einprägsamen Reime zu den Bildern betrachtete er nämlich nur als Beigabe.

Hoffmann war Direktor der Irrenanstalt in Frankfurt am Main, daneben aber auch Sonntagsmaler und Gelegenheitspoet. Er füllte die Seiten eines Schulheftes nach und nach mit seinen >Lustigen Geschichten und drolligen Bildern – für Kinder zwischen drei und sechs Jahren<.

Struwwelpeter
Struwwelpeter

Die für den Hoffmannschen Hausgebrauch gedachten Bildgeschichten, die bekanntermaßen alles andere als lustig sind, kamen auch bei anderen Kindern und Eltern gut an und wanderten von Kinderstube zu Kinderstube. Freunden gelang es, den Doktor Hoffmann dazu zu bringen, die Geschichten 1845 in Druck zu geben und sie damit noch mehr Kindern zugänglich zu machen. Für ganze achtzig Gulden überließ der Verfasser, der anonym bleiben wollte, sein »Heft« der Literarischen Anstalt J. Rütten. In der zweiten Auflage, die schon nach vier Wochen folgte, nannte sich der Autor Reimerich Kinderlieb; ab der dritten Auflage hieß dieses am weitesten verbreitete Kinderbuch aller Zeiten dann >Struwwelpeter<. Erst mit der fünften Auflage trat der Verfasser des inzwischen berühmten Buches aus der Anonymität. Ein Jahr vor seinem Tod (1894) druckte der Verlag die hundertste Auflage. Längst hatte der >Struwwelpeter< seinen Siegeszug um die Welt angetreten; er wurde in alle wichtigen Sprachen übersetzt, vertont und für die Bühne eingerichtet, schließlich sogar ins Lateinische und in Esperanto übertragen. Die erfundenen Figuren – Suppenkaspar, Zappelphilipp, der fliegende Robert, Kathrinchen und natürlich der Struwwelpeter selbst – sind sprichwörtlich gebrauchte Symbolfiguren, die Verse Volksgut geworden. Psychologen, kritische Pädagogen und »modern« erziehende Eltern der letzten Jahrzehnte verbannten das angeblich nicht kindgerechte, »sadistische Elaborat« des Heinrich Hoffmann aus den Kinderzimmern. Doch inzwischen hat die Psychologie ihre Ansicht revidiert und den >Struwwelpeter< rehabilitiert.