Von Ernö und Renate Zeltner
Auch wenn sie jedermann kennt, die »Kalte Sophie«, die den Eisheiligen am 15. Mai im Kalender folgt, so geht sie doch vermutlich auf eine Legende zurück. Danach soll Sophia noch zu heidnischen Zeiten eine römische Jungfrau gewesen sein, die in den Thermen des Diokletian von den Häschern des Kaisers Hadrian gepackt und im heißen Dampf fast erstickt wurde. Als sie auch danach nicht bereit war, den alten Göttern zu opfern, wurden drei Gladiatoren bestimmt, die ihr die Jungfräulichkeit nehmen sollten. Wie durch ein Wunder ist sie Jungfrau geblieben, doch es hat sie – so wird berichtet – den Kopf gekostet.
Eine andere Version der Heiligenlegende weiß von Sophia, einer frommen, christlichen Witwe aus Mailand, die mit ihren drei Töchtern nach Rom ging, um den Tod als Märtyrerin zu sterben. Die Töchter hießen übrigens Fides, Spes und Caritas (Glaube, Hoffnung, Liebe), was auf den allegorischen Charakter all dieser Gestalten verweist. Besondere Verehrung genießt die heilige Sophia dennoch im Elsaß, weil ihre Reliquien im 8. Jahrhundert ins Kloster Eschau bei Straßburg gelangt sein sollen.
Zwei Fürstinnen haben dem Namen Sophie in Preußen zu weiterem Ansehen verholfen. Königin Sophie Charlotte (1668-1705) förderte als Frau des ersten preußischen Königs Friedrich I. Künste und Wissenschaften. Sie kümmerte sich um die Gründung einer Akademie der Wissenschaften und förderte unter anderem die Berufung des Philosophen Leibniz nach Berlin.
Eine weitere Sophie an der Seite eines preußischen Königs hatte das Verdienst, ihren Sohn in die schönen Künste und die Literatur eingeführt zu haben. Sophie Dorothea (1687-1757), die Gemahlin des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm von Preußen, hat Kronprinz Friedrich nicht wie sein Vater mit Gardemaß und Marschmusik traktiert, sondern mit dem ganzen Esprit der Aufklärung. In ihrem Schlösschen Monbijou richtete sie ihm eine geheime Bibliothek ein, weckte sein Interesse an Kunst und Musik und hat ihm feine Lebensart beigebracht. Der spätere Friedrich der Große dankte seiner Mutter diese prägenden Lektionen ihr Leben lang mit Liebe und Zärtlichkeit.
Eine Sophie unseres Jahrhunderts hat den Namen nicht nur geadelt, sondern einem ganzen Volk vorgelebt, welche Antwort es auf die Provokationen eines verbrecherischen Regimes auch gegeben hätte. Sophie Scholl (1921-1943), Studentin an der Münchner Universität – die mit Fug und Recht auch ihren Namen tragen könnte –, war, wie ihr Bruder Hans Scholl (1918-1943), Mitglied der Gruppe »Weiße Rose«. Sie verbreiteten seit 1942 in Flugblättern, die sie unter Lebensgefahr in Hörsälen, Bibliotheken und anderen Räumen immer wieder auslegten, Aufrufe zum Widerstand gegen das NS-Regime, das auch die Hochschulen, die Forschung und die Lehre fest im Griff hatte. Am 18. Februar 1943 warfen sie ihr letztes Flugblatt von oben in den Lichthof der Münchner Universität. Der Hausmeister erkannte und verriet sie. In diesem Flugblatt stand geschrieben: »Ist es nicht so, daß sich jeder ehrliche Deutsche heute seiner Regierung schämt? Leistet Widerstand, wo immer ihr auch seid, verhindert das Weiterlaufen dieser atheistischen Kriegsmaschine, ehe es zu spät ist, ehe die letzte Jugend des Volkes für die Hybris eines Untermenschen verblutet ist! « Sophie Scholl starb wie ihr Bruder am 22. November 1943 unter den Händen des Scharfrichters.