Von Ernö und Renate Zeltner
Den Namen trugen mittelalterliche Heilige, Könige, Herzöge, zum Beispiel der französische König Hugo Capet, der Ahnherr der Dynastie der Kapetinger, oder Abt Hugo von Cluny, Erbauer der großartigen fünfschiffrigen Basilika von Cluny.
Hugenotten (französisch Hugenots) wurden die aus Frankreich unter Heinrich II. (1547-1559) geflohenen Kalvinisten genannt. Sie haben nichts mit dem Namen Hugo oder, wie oft fälschlich angenommen, mit einem Hugues zu tun; ihr Name leitet sich wahrscheinlich vom falsch ausgesprochenen schweizerischen Wort »Eidgenossen« (Eygenots) ab.
Der im Mittelalter weitverbreitete Vorname erlebte im 19. Jahrhundert durch die romantische Literatur noch einmal eine Renaissance, ist in neuerer Zeit aber selten geworden; er wird gelegentlich noch aus Gründen der Familientradition oder Nostalgie einem Knaben gegeben. Dennoch fallen einem auf Anhieb eine ganze Reihe bedeutender Namensträger ein: der belgische Maler Hugo van der Goes (1440-1482), der österreichische Komponist Hugo Wolf (1860-1903), einer der erfolgreichsten deutschen Industrieunternehmer Hugo Stinnes (1870-1924) und der geniale Flugzeugbauer Hugo Junkers (1859-1935). Einer darf in der Reihe berühmter oder verdienter Hugos gewiss nicht fehlen, ja, er verdient sogar, besonders ausführlich behandelt zu werden: Hugo von Hofmannsthal (1874-1929).
Dass man in Österreich erst tot sein muss, um etwas zu gelten, trifft auf ihn ganz und gar nicht zu. Rückblickend berichtet Stefan Zweig in seinen Erinnerungen >Die Welt von gestern< geradezu hymnisch über den jungen Hofmannsthal:
In der Weltliteratur kenne ich bei solcher Jugend außer bei Keats und Rimbaud kein Beispiel ähnlicher Unfehlbarkeit in der Bemeisterung der Sprache, keine solche Weite der ideellen Beschwingtheit, kein solches Durchdrungensein mit poetischer Substanz bis in die zufälligste Zeile, wie in diesem großartigen Genius, der schon in seinem 16. und 17. Jahr sich mit unverlöschbaren Versen und einer noch heute nicht überbotenen Prosa in die ewigen Annalen der deutschen Sprache eingeschrieben hat. Sein plötzliches Beginnen und zugleich schon Vollendetsein war ein Phänomen, wie es sich innerhalb einer Generation kaum ein zweitesmal ereignet.
Der Dramatiker, Theaterkritiker und Feuilletonist Hermann Bahr hat gern von einer verblüffenden Begegnung in seinem Stammcafé berichtet. Ein gewisser »Loris« aus Wien hatte ihm einen ausgezeichneten Aufsatz zur Veröffentlichung für seine Zeitschrift geschickt, und Bahr brannte darauf, zu erfahren, wer sich hinter diesem Decknamen versteckte (»nie hatte er unter Beiträgen aus aller Welt eine Arbeit empfangen, die in so beschwingter, adeliger Sprache solchen gedanklichen Reichtum gleichsam mit leichter Hand hinstreute«). Er vermutete hinter dem Pseudonym ein reifes Talent im gesetzten Literatenalter, das es durch jahrelange Übung zu solch sprachlicher Vollkommenheit gebracht hatte. So wurde der unbekannte Loris umgehend ins »Hauptquartier der jungen Literatur«, ins Café Griensteidl, eingeladen. Bahr beschreibt die Szene:
Ich sitze, lese, plausche. Plötzlich schießt, aus der andern Ecke quer durchs Zimmer, wie von einer Schleuder, ein junger Mann mit unheimlicher Energie auf mich, mir mitten ins Gesicht sozusagen. Ich erschrecke ein wenig; er lacht, gibt mir die Hand, eine weiche, streichelnde, unwillkürlich caressante Hand der großen Amoureusen, wie die leise, zähe Schmeichelei verblaßter Seide, und sagt beruhigend: >Hofmannsthal – ich bin nämlich Loris.< Damals muß ich wohl das dümmste Gesicht meines Lebens gemacht haben.
Hofmannsthal war bei der Begegnung 16 Jahre alt.
Eine literarische Institution im Wien der Jahrhundertwende war auch der gefürchtete Karl Kraus, geistreicher Literat, Kunstkritiker, Spötter und zugleich selbsternannter Richter über alle geistig-moralischen Belange der Stadt. Kraus, Zeitgenosse Bahrs, Schnitzlers und Hofmannsthals, verkehrte als Stammgast im selben Café. Es wäre geradezu ein Wunder gewesen, hätte er sich nicht auch das gefeierte Jungtalent kritisch vorgenommen. In zehn gereimten Zeilen hat er sich über den ästhetisierenden Klassikerepigonen lustig gemacht:
Will Hofmannsthal Goethes Entwicklung begleiten,
so wirkt es noch in die fernsten Zeiten.
Was immer auch dieser jenem leiht,
es reicht für beider Unsterblichkeit.
Müssen die, die späterhin beide lesen,
denn wissen, welcher der Ältre gewesen?
Die hundert Jahre, welche dazwischen,
werden weitere hundert wieder verwischen.
Nach tausend aber ist’s schon egal,
ob Goethe oder Hofmannsthal.
Doch solch harmlose Süffisanz war nur der Anfang. Jahre später verließ der zum Katholizismus konvertierte Jude Kraus die Kirche wieder, weil der Salzburger Erzbischof die Kollegienkirche für die Aufführung von Hofmannsthals >Großes Welttheater< zur Verfügung stellte. Nun, die Kirche hat sich mittlerweile an Auf- und Austritte und Salzburg an Hofmannsthal und seinen jährlich wiederkehrenden >Jedermann< gewöhnt. Hofmannsthal, der Aristokrat mit mustergültiger Erziehung, konnte seit seiner frühesten Jugend allein seiner Neigung und Begabung leben – er war Urenkel des geadelten Kultusvorstehers und Seidenfabrikanten Isaak Low Hofmann, seine Großmutter stammte aus einer reichen Mailänder Patrizierfamilie, sein Vater verdiente als Bankdirektor viel Geld. Hugo von Hofmannsthal wurde der vielseitigste und österreichischste Dichter des frühen 20. Jahrhunderts; der Bogen seines literarischen Schaffens reicht vom lyrischen Frühwerk und einer sentimental-naiven Erneuerung der Antike bis zur Moderne. Lebendig und bühnenwirksam bis heute sind seine Komödien >Der Schwierige<, >Der Unbestechliche<, >das Mysterienspiel<, >Jedermann< und die von Richard Strauss vertonten Meisterwerke >Der Rosenkavalier<, >Ariadne auf Naxos< und >Elektra<.
Berühmte Namensträger von A bis Z
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