Berühmte Namensträger: Moritz

Von Ernö und Renate Zeltner


Im Mittelalter waren die Namen Mauritius und Moritz durch die Verehrung des heiligen Mauritius vor allem in der Schweiz häufig, später als Fürstennamen (zum Beispiel Kurfürst Moritz von Sachsen oder Graf Moritz, genannt Marschall von Sachsen) auch in Deutschland gebräuchlich. Doch was hat schon der Kurfürst des 16. Jahrhunderts gegen einen Showstar vom Kaliber des Maurice Chevaliers aufzubieten; und natürlich stehen uns auch friedliche Künstler wie der romantische Maler Moritz von Schwind oder der Komponist Maurice Ravel näher als Dynasten aus grauer Vergangenheit, die vor allem Krieg und Landgewinn im Auge hatten.

Auch der heilige Moritz (Mauritius) war ein Militär, nämlich Oberst der legendären Thebaischen Legion, die zum Teil aus Christen der Thebäis in Oberägypten bestanden haben soll; die Einheit wurde um das Jahr 300 vom Mitkaiser Maximianus Herculius zur Niederschlagung einer Revolte in Gallien herangezogen. Beim rituellen Opfer, das die Römer vor einer Schlacht zu bringen pflegten, weigerte sich Mauritius, mit den christlichen Soldaten an der Feier teilzunehmen, und bezog mit seiner Truppe beim nahegelegenen Agaunum (heute Saint-Maurice) im Rohnetal/Wallis Stellung.
»Wir Christen beteiligen uns nicht am Götzendienst. Wenn du uns befiehlst, gegen den Feind zu kämpfen, werden wir sofort gehorchen und unsere Treue mit unserer Tapferkeit beweisen«, soll er seinen Feldherrn haben wissen lassen. Darauf befahl dieser, die Legion zu dezimieren – jeder Zehnte wurde enthauptet. Mauritius und seine Unterführer sprachen ihren Kämpfern Mut zu, so blieben diese standhaft. Erneut wurde eine Abordnung zu Maximianus geschickt, die ihm meldete: »Wir haben das Blut unserer Kameraden fließen sehen, aber unsere Treue gegen Dich, Kaiser, wankte nicht. Unser Leben, Leib und Blut gehört Dir, aber Herz und Seele haben wir Gott verpfändet. Für ihn sind wir zum Sterben bereit.« Worauf der Kaiser sein übermächtiges Heer marschieren und die Legion niedermetzeln ließ. Am Ort des blutigen Geschehens wurde später eine Basilika errichtet.

Den Märtyrertod eines Heiligen ist ein anderer Moritz nicht gestorben, er nahm vielmehr ein verdientes und leider unrühmliches Ende, als es für ihn und den Kumpan Max beim Meister Müller hieß

>Her damit!< Und in den Trichter
Schüttelt er die Bösewichter.

Und nicht das kleinste Knöchlein ist uns als Reliquie von ihm geblieben nach dem »Ricke! Racke!« in der Mühle. Max und er waren gerade noch »Feingeschroten und in Stücken« zu erblicken,

doch sogleich verzehret sie
Meister Müllers Federvieh.

So mussten Wilhelm Buschs freche Spitzbuben ohne kirchlichen Segen ihren letzten Weg durch den Verdauungstrakt eines Entenpaares antreten und im Rinnstein enden. Aber Max und Moritz haben auch ohne Heiligenschein ihren dauerhaften Ehrenplatz in unzähligen Kinderherzen gefunden.
Die Popularität der beiden ist unübertroffen. Die frechen Bubenstreiche mit Witwe Bolte, mit Schneider Böck, Lehrer Lämpel und den anderen Gefoppten sind hinlänglich bekannt, für immer in jedermanns Gedächtnis eingeprägt. Heute würde der Werbeetat selbst des größten Buchverlags nicht reichen, um einem Druckwerk zu vergleichbarer Bekanntheit zu verhelfen. Was ist nun das Erfolgsgeheimnis dieser satirischen Bilderfolge mit dem einprägsamen Text? Wahrscheinlich der glatte Rhythmus, die saloppen Reime, die einfache Logik der Handlung und die raffinierte Doppelbödigkeit; auf der einen Seite sind da die auf das kindliche Verständnis zugeschnittenen harmlosen Streiche, daneben aber die respektlosen, oft sadistischen Attacken gegen kleinbürgerliche Selbstzufriedenheit.

In einem Nachruf auf Wilhelm Busch hat sich Ludwig Thoma an die Weihnacht erinnert, als er das >Max und Moritz<-Buch geschenkt bekam, das für ihn der Inbegriff von Weihnachtsfreude geblieben ist:

Wenn ich die Haarschöpfe der beiden Lausbuben in einer Auslage sehe, rieche ich sogleich Tannennadeln und Wachskerzen und Lebkuchen. Und ich sehe die lieben Gesichter vor mir, die sich über das kleine Buch beugten und alle so behaglich breit im Lachen wurden.
Das Buch ist mir ein Stück Heimat und Familie geworden, aus seinen Zeilen klingt mir immer wieder fröhliche Jugend in den beschwerlichen Lebensernst hinein.
Und so mag es wohl ungezählten Tausenden ergehen.
Wann sind aber auch jemals drei Hühner und ein Hahn so wundervoll vom Leben zum Tode gebracht worden? Wann ist ein Schneider schöner auf den Leim gegangen? Und gibt es irgendwo noch einen Kantor, der so anheimelnd gemütlich im Lehnstuhl nach des Tages Mühen die Pfeife anzündet und perdauz! in die Luft fliegt? Gesegnet sei euer Andenken, ihr lieben Frechdachse, Freunde meiner Kindheit!