Von Ernö und Renate Zeltner
Jeder Ehemann und Hausvater hätte seine Freude gehabt an der heiligen Gertrud von Nivelles, wenn die Tochter Pippins von Landen nicht schon mit zwölf Jahren das Keuschheitsgelübde abgelegt hätte. Sie wies den Gedanken an Heirat auch später weit von sich und wurde schon in jungen Jahren Äbtissin eines Frauenklosters. Neben dem Studium der Bibel spielten Handarbeiten und Gastlichkeit in dieser Abtei die Hauptrolle. Den ganzen Tag surrten die Spinnräder, auf den Webrahmen entstanden unter den Händen der Nonnen die edelsten Stoffe für Meßgewänder und Altardecken. Gertrud legte auch den Grundstock für eine Bibliothek, und sie richtete ein gastliches Haus für Pilgerreisende ein. Auf ihre ausgeprägte häusliche Begabung weist auch die Tatsache hin, daß sie probate Mittel gegen Ratten- und Mäuseplagen erdacht haben soll. Man ruft sie deshalb zum Schutz gegen allerlei Schädlinge an, sie gilt als Heilige der Gärtner und Bauern, aber auch der Wanderer und Handwerker und vor allem der fahrenden Gesellen.
Das Fest dieser Heiligen wird am 17. März begangen. Wer sich allerdings die heilige Gertrud von Helfta zur Namenspatronin gewählt hat, feiert am 16. November Namenstag.
Eine der aufregendsten Persönlichkeiten unter den Intellektuellen und Künstlern der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts war die Amerikanerin Gertrude Stein (1874-1946). Sie kam schon als junge Frau nach Paris; in ihrem Haus, das sie zusammen mit dem Bruder Leo führte, gingen Berühmtheiten der Kunst- und Literaturszene aus und ein. Zu ihren Freunden gehörten Picasso und Dali ebenso wie Matisse, Hemingway, F. Scott Fitzgerald und viele andere. Einige ihrer sprachexperimentellen Bücher hatten großen Erfolg, sie unternahm auch vielbeachtete Vortragsreisen in verschiedene Länder, doch wird ihre intellektuelle Leistung im allgemeinen höher bewertet als das schriftstellerische Werk. Der literarischphilosophische Salon, den sie über Jahrzehnte führte, die Anstöße, die sie Malern und Schriftstellern ihrer Zeit gab, haben sie weltberühmt gemacht. Picasso wünschte sie zu malen und brauchte nur neunzig Sitzungen dafür.
Gertrude Stein besaß zusammen mit ihrem Bruder eine Sammlung moderner Kunst – darunter viele Werke von Picasso, Matisse, Dali, aber auch große Impressionisten –, die nicht nur in Paris ihresgleichen suchten. Sie hat den Begriff der »lost generation« für die jungen Autoren und Künstler der Zwischenkriegszeit geprägt, für die ihr Haus zu einer Art Wallfahrtsort geworden war.
Lebensgefährtin der Gertrude Stein war über Jahrzehnte Alice B. Toklas, die nicht nur als Hausfrau in Gertrudes Salon waltete, sondern ihr auch alle Lieblingsspeisen kochte. Das Essen spielte nämlich eine große Rolle im Leben der gewichtigen Frau, von der überliefert ist, dass sie fünf Pfund rohes Steak auf einmal essen konnte. Alice B. Toklas, eine gebildete Frau mit vielfältigen Interessen, die eigentlich Musikerin werden wollte, hat nach dem Tod der Freundin selbst verschiedene Schriften veröffentlicht, darunter auch ein Kochbuch, in dem das spektakulärste Rezept ein Haschischkuchen ist.
Angesichts der lesbischen Neigungen der Gertrude Stein nimmt es nicht Wunder, daß Zeitgenossinnen, die ihrem mächtigen Charme nicht erlegen waren, kaum ein gutes Haar an der imposanten Person gelassen haben. Claire Göll, selbst Lyrikerin und Schriftstellerin, verheiratet mit dem expressionistischen Dichter Ivan Göll, hat auch im Salon der Gertrude Stein verkehrt und über sie gelästert:
Göll und ich gingen oft in Cocteaus Cabaret >Boeuf sur le Toit<, oder wir zeigten uns in einem der zahllosen literarischen Salons, die damals aus dem Boden schossen. Einer der meistbesuchten war der von Gertrude Stein, einem ungeheuren Weibsstück mit Herrenschnitt und der Figur eines Möbelpackers. Das Haus quoll von Picasso über, aber Gertrudes kostbarster Gegenstand lief auf vier Beinen – ein gespenstischer Pudel, der sich in einer Art Dauerekstase zu befinden schien. Er war weit über zwanzig Jahre alt, aber Gertrude Stein hielt ihn mit Verjüngungsspritzen am Leben. Wäre es ihr möglich gewesen, so hätte sie Herz- und Nierentransplantationen an ihm vornehmen lassen. Ihre Freundin Alice Toklas verbrachte die Hälfte ihrer Zeit damit, die Schritte des Pudels zu überwachen, der sich an allen Wänden und Besuchern rieb.
Freundschaftliche Beziehungen haben Gertrude Stein und Alice B. Toklas auch mit Edith Sitwell, Greta Garbo, Marlene Dietrich, Dolly Wilde, Marie Laurencin und anderen bekannten Frauengestalten ihrer Zeit verbunden.
Berühmte Namensträger von A bis Z
Adam * Adelheid * Adolf * Agathe * Agnes * Albert * Alexander * Alfred * Andreas * Angelika * Anna * Anton * Armin * Arnold * Artur * Attila * August * Barbara * Benedikt * Benjamin * Bernhard * Bertha * Bettina * Boris * Brigitte * Bruno * Caecilia * Carmen * Christian * Christoph * Clara * Claudia * Cornelia * Daniel * David * Diana * Dietrich * Dorothea * Eberhard * Edith * Egon * Eleonora * Elfriede * Elisabeth * Elmar * Emma * Erik * Ernst * Erwin * Eugen * Eva * Felix * Ferdinand * Flora * Florian * Frank * Franz * Friedrich * Gabriel * Georg * Gerhard * Gottfried * Gudrun * Günter * Gustav * Hannes * Hedwig * Heinrich * Helena * Helmut * Henriette * Herbert * Hildegard * Hubert * Hugo * Ignaz * Irene * Isabel * Jakob * Joachim * Johannes * Josef * Judith * Julia * Karl * Kaspar * Katharina * Klemens * Konrad * Konstanze * Kurt * Laura * Leonhard * Lieselotte * Lina * Lola * Ludwig * Luise * Lukas * Manfred * Manuel * Margarete * Maria * Marianne * Markus * Marlene * Martin * Matthias * Maximilian * Melanie * Michael * Moritz * Natalie * Nikolaus * Olaf * Oliver * Oskar * Otto * Paul * Peter * Rahel * Rainer * Rebekka * Regina * Reinhold * Renate * Richard * Robert * Roland * Rosa * Rudolf * Ruth * Sabine * Sarah * Sebastian * Siegfried * Siegmund * Sigrid * Simone * Sophie * Stefan * Susanna * Theodor * Therese * Thomas * Tobias * Ulrich * Ursula * Ute * Veronika * Victoria * Volker * Walter * Werner * Wilhelm * Wolfgang * Yvonne * Zita