Berühmte Namensträger: Siegmund

Von Ernö und Renate Zeltner


Den von der arianischen Irrlehre zum »wahren Glauben« bekehrten heiligen Sigismund feiert die Kirche am 1. Mai. Sigismund bestieg 516 den Königsthron von Burgund und soll, von seiner zweiten Gemahlin angestiftet, veranlasst haben, dass sein Sohn aus erster Ehe erdrosselt wurde. Dass er im Kloster St. Moritz im Wallis – das er restaurieren ließ und wo er einen ununterbrochenen Chorgesang einrichtete – für sein schweres Verbrechen Buße tat, fiel bei der Abwägung seiner Heiligkeit offenbar schwerer ins Gewicht als die böse Tat. Der reuige Burgunderkönig wurde schließlich von den Franken besiegt und auf Veranlassung des Frankenkönigs Chlodomir samt Frau und Söhnen in einem Brunnen ertränkt.

Im >Nibelungenlied< ist ein Siegmund Vater des jugendlichen Helden Siegfried. Sigismund hießen aber auch ein großer Kaiser und einige polnische Könige. Für die europäische Geschichte war der deutsche Kaiser aus dem Hause Luxemburg, Sohn Karls IV., der Wichtigste unter den Gekrönten namens Sigismund. Ursprünglich Markgraf von Brandenburg, wurde er als Verlobter der Thronerbin Maria (König Ludwig der Große von Ungarn hatte keinen männlichen Erben) am ungarischen Königshof erzogen und 1387 König von Ungarn. 1410 erlangte er die deutsche Königswürde, 1433 die Kaiserkrone. In dem von ihm einberufenen Konstanzer Konzil konnte zwar die Einheit der Kirche wiederhergestellt werden – doch durch die Verbrennung von Jan Hus wurden auch die Hussitenkriege ausgelöst.

Sigmund Freud
Sigmund Freud (1905)

Der weltberühmte Siegmund, von dem hier auch noch die Rede sein soll, hat es nicht zu Königsehren gebracht, nicht einmal den Nobelpreis hat man ihm verliehen. Doch der Reihe nach: Der 1856 im mährischen Freiberg geborene Sigmund Freud war Sohn eines aus Galizien stammenden Wollhändlers. Er studierte in Wien Medizin und betrieb danach physiologische und hirnanatomische Studien, beschäftigte sich mit Neurosen, Phobien, Hysterie und Hypnose. Mit 29 Jahren habilitierte er sich, eröffnete bald danach eine Privatpraxis in Wien und behandelte hauptsächlich Hysteriekranke und Neurotiker. Ordinarius ist er nie geworden (Stefan Zweig hat ihn jedoch getröstet: »Nun sind Sie ein außerordentlicher Professor unter so vielen ordentlichen!«).

Die von Freud entwickelte Psychoanalyse, die nicht nur die Technik zur Therapie psychischer Störungen betraf, sondern auch kulturelle und gesellschaftliche Abläufe als psychische Prozesse erklärte, rührte an manche Tabus. Seine Lehre, die sich später für die Neurologie und vor allem für die Behandlung von Neurosen als bahnbrechend erweisen sollte, wurde zunächst von der Fachwelt abgelehnt und von vielen heftig bekämpft. Auch in der gebildeten Öffentlichkeit erfuhren seine Theorien große Publizität und lösten heftige Kontroversen aus – unter anderem, weil er den Sexualtrieb (»libido«) zum alles bestimmenden Faktor des seelischen Geschehens erhob.

Nein, in seiner Heimat Österreich hat man dieses Genie der Psychologie nicht besonders geschätzt. Als Freud einmal aus Amerika nach Wien zurückkam – so ist bei Erwin Ringel zu lesen –, sagte er: »Drüben verstehen sie mich falsch, aber hier lehnen sie mich aus tiefster Seele ab.« Dennoch setzte sich seit den zwanziger Jahren die durch Freud initiierte moderne Psychotherapie allmählich durch und konnte sich dank seiner zahlreichen Schüler auch international etablieren. Die Verbitterung über die ihm vorenthaltene Anerkennung seiner Leistungen wurde Freud bis zum Ende seines Lebens nicht mehr los. Arthur Koestler schreibt in seinen autobiographischen Schriften von einem Besuch, den er im Auftrag der Zeitschrift >Zukunft< bei dem greisen Freud in London gemacht hat und erwähnt den peinlichen Fauxpas, mit dem er das Gespräch begonnen hatte: »Ich erklärte« – schreibt er »wir versuchten für die Sonderausgabe Beiträge von allen deutschen und englischen Nobelpreisträgern zu bekommen – >Von Ihnen, Herr Professor, von Thomas Mann und so weiter. Freud, ohne zu lächeln, die Lippen gespannt, antwortete: >Ja, sehen Sie, ich bin jetzt schon ein alter Jud, aber den Nobelpreis hat man mir nie gegeben.«

Freud ging 1938, bereits 82 Jahre alt und seines Besitzes beraubt, nach London ins Exil, wo er ein Jahr später starb – nicht ohne vorher noch in die Royal Society aufgenommen worden zu sein. Die zahlreichen Werke Freuds gehörten zu den ersten Büchern, die von den Nazis in Berlin öffentlich verbrannt wurden.