Berühmte Namensträger: Bruno

Von Ernö und Renate Zeltner


Seinem Namenspatron, dem heiligen Bruno (um 1030-1101), Stifter des Kartäuserordens, dessen Mitglieder zum Schweigen verpflichtet sind, war Bruno Kreisky (1911-1990) nicht nachgeraten. Dieser Bruno des 20. Jahrhunderts ist nie ein Mensch der Stille und Beschaulichkeit gewesen. Seine politische Tätigkeit begann für den jungen Sozialdemokraten in seiner Heimatstadt Wien. 1935 wurde er unter der faschistischen Regierung erstmals verhaftet, 1938 in Schutzhaft genommen und schließlich in die Emigration nach Schweden getrieben. Nach dem Krieg hat er seinem Land als Staatssekretär, Außenminister und schließlich 13 Jahre (1970-1983) als Kanzler gedient.

Er stammte aus bürgerlich-jüdischem Haus und fühlte sich zeitlebens dem demokratischen Sozialismus verpflichtet; Kreisky war hochgebildet und pflegte Umgang mit den Künstlern und Intellektuellen seiner Zeit. Eine seiner wichtigsten Aufgaben sah er in der Vermittlung zwischen Israel und den arabischen Ländern. Er war der festen Meinung, daß sich der Nahost-Konflikt mit diplomatischen Mitteln lösen ließe, wenn die Politiker auch ihre Phantasie einsetzen würden. In seinen Lebenserinnerungen hat er dazu gesagt:

Politiker sollten sich das berühmte Wort Einsteins zu Herzen nehmen: >Imagination is more important than knowledge!< Wer sich dazu nicht bereit findet, wird sein Leben lang ein kleiner Handlungsreisender in politischen Fragen bleiben … Eines hat die Imagination dem Kleinmut des Krämers voraus: Sie schafft langfristige Perspektiven, für die es sich politisch einzusetzen lohnt.

Eine kleinmütige Krämerseele ist Bruno Kreisky zeit seines Lebens nicht gewesen. Der Namenstag des Kartäusers Bruno ist übrigens der 6. Oktober.

Bruno Walter
Bruno Walter

Auch für einen anderen Bruno des 20. Jahrhunderts ist der heilige Schweiger nicht zum Vorbild geworden, denn er stand ein Leben lang im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Eigentlich hieß er Bruno Walter Schlesinger, dieser große Dirigent des 20. Jahrhunderts. Als Bruno Walter (1876-1962) hat er mehr als fünfzig Jahre die Musikwelt Europas und der Neuen Welt mitgeprägt. Seine Wirkungsfelder waren die Opernhäuser und Konzertsäle von Berlin, Wien, München, London, Leipzig und New York. Als die Nazis das Musikleben in Deutschland in ihrem Sinn zu reglementieren begannen, mußte Bruno Walter, wie so viele jüdische Künstler, das Land verlassen. Leider gab es genügend »arische« Kollegen, die sich arrangierten und seinen Platz bereitwillig einnahmen.

Bruno Walter hat seine Weltkarriere in der Emigration fortgesetzt und wurde vor allem als kongenialer Mozart- und Mahler-Interpret hochgeschätzt. In seinem autobiographischen Buch >Der Wendepunkt erinnert sich Klaus Mann an seine Kinderzeit und die nachbarschaftlichen Zusammenkünfte mit den Walterschen Mädchen Lotte und Gretel und mit »Kuzi«, wie die Töchter den berühmten Vater zärtlich nannten.

Fast ebenso zauberhaft wie die Aufführung selbst … war es, wenn Bruno Walter seinen Töchtern und uns aus einer Opernpartitur vorspielte. Der eifrige Papa bemühte sich, als wären wir Theaterdirektoren, die es von der Vortrefflichkeit und Aufführbarkeit eines Werkes zu überzeugen gelte.

Vor seinem jugendlichen Publikum gestikulierte, spaßte, sang und säuselte er, ahmte Stimmen und Instrumente nach: »Er brachte uns zum Lachen und zum Weinen.« Bruno Walter hat es offenbar verstanden, nicht nur das Konzertpublikum, sondern auch die Kinder zu faszinieren und sie an die großen Werke der Musik mit Phantasie und Humor heranzuführen.