Von Ernö und Renate Zeltner
Der wichtigste Heilige dieses Namens, der Märtyrer Theodor von Euchaita, gilt als Schutzpatron der Soldaten. Sein Fest wird am 9. November gefeiert. Erwähnenswerte Fürsten namens Theodor sind kaum auszumachen, wenn wir von einem äthiopischen Herrscher absehen, der sich und sein Land in einen Krieg gegen die Kolonialmacht England verwickelte.
Ein anderer Theodor gründete im 13. Jahrhundert das Kaiserreich Nicäa. Zwei Päpste des 7. Jahrhunderts, einer davon Gegenpapst, haben dem Namen auch nicht zu weiterem Ruhm verholfen. Die Aktivität eines dritten Papstes, der im 9. Jahrhundert zur Versöhnung streitender Parteien in Rom aufgetreten war, dauerte nur zwanzig Tage.
Als schillernde Persönlichkeit aber präsentiert sich eine Theodora (497-548), die Gemahlin und Mitregentin des byzantinischen Kaisers Justinian. Die Tochter eines Zirkuswärters, die sich ihren Unterhalt als Hetäre verdient hatte, entwickelte sich zur machtbewussten und höchst zielstrebigen Monarchin; sie schreckte nicht davor zurück, zur Erhaltung ihrer und ihres Mannes Herrschaft im Hippodrom von Byzanz 30.000 Menschen ermorden zu lassen. Wie sehr die schöne Kaiserin der Macht- und Prachtentfaltung zugetan war, ist an dem herrlichen Mosaik der Kirche San Vitale in Ravenna abzulesen, auf dem sie reich geschmückt mit großem Gefolge paradiert.
Der in Budapest geborene und in Wien lebende Theodor Herzl (1860-1904) litt seit seiner Jugend und vor allem als Student unter dem jüdischen Schicksal. Ihn drängte es zeitlebens, dieses Urproblem, Jude zu sein, auf irgendeine Weise zu lösen, und er empfand sicherlich auch die Berufung dazu. So verfiel er auf den utopischen Gedanken, durch die historische Vereinigung des Judentums mit der Christenheit die Diskriminierung für alle Zeiten zu tilgen. Er schwärmte davon, die österreichischen Juden im langen Zug zum Stephansdom zu führen, wo der symbolische Akt der freiwilligen Massentaufe an ihnen vollzogen würde. Doch schließlich musste er erkennen, dass dieser wie so mancher andere Plan zur Emanzipation Illusionen waren.
Herzls aufreibende Tätigkeit bei der >Neuen Freien Presse< in Wien hatte ihn lange daran gehindert, sich voll der Aufgabe zu widmen, deren Lösung er als sein wahres Lebensziel erkannt hatte. Doch dann 1894, kam ein Erlebnis, das den aufrechten Mann nicht nur tief erschütterte, sondern das schicksalbestimmend für ihn wurde: Herzl erlebte mit, wie man in Paris den Hauptmann Alfred Dreyfus aufgrund dubioser Beweismittel zum Landesverräter stempelte, ihm öffentlich die Epauletten vom Uniformrock riss und ihn zu lebenslanger Verbannung verurteilte. Der Offizier hatte solchen Verdacht ganz offensichtlich allein wegen seiner jüdischen Herkunft auf sich geladen.
Die Dreyfus-Affäre war für den charismatischen Juristen und Literaten Herzl der letzte Anstoß, mit dieser permanenten Ächtung Schluss zu machen. Wenn die diskriminierende Unterscheidung das unvermeidliche Schicksal der Juden war, dann blieb nur eine radikale Lösung. Verweigerte man ihnen – so argumentierte er – überall die Zugehörigkeit und machte sie heimatlos, so müssten sie sich selbst ihre Heimat schaffen. Die Idee war nicht neu, seit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nach Christus und dem Verbot der jüdischen Religion durch Titus und Hadrian im Jahr 135 hatten die Juden in der Diaspora die Rückkehr ins Land der Väter als ewiges Ziel vor Augen gehabt. Doch jetzt war die Geburtsstunde des politischen Zionismus gekommen.
Herzl veröffentliche 1896 seine Programmschrift >Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfragen<. Er stellte darin fest, dass eine assimilierende Angleichung des jüdischen Volkes, die vollständige Toleranz in Europa unmöglich sei und verwarf jedwede weitere Form der Annäherung. 1897 berief er den ersten Zionistenweltkongreß nach Basel ein, wo die zionistische Vereinigung gegründet wurde, deren lebenslanger Vorsitzender er war. Stephan Zweig beschreibt in seinen >Erinnerungen eines Europäers< die Reaktion, den Aufschrei der wohlsituierten bürgerlich-jüdischen Kreise von Wien:
Was ist, sagten sie unwirsch, in diesen sonst so gescheiten, witzigen und kultivierten Schriftsteller gefahren? Was treibt und schreibt er für Narrheiten? Warum sollen wir nach Palästina? Unsere Sprache ist Deutsch und nicht Hebräisch, unsere Heimat das schöne Österreich.
Zwar reagierte auch die Mehrzahl der deutschen Juden skeptisch auf den politischen Zionismus, doch Herzl hat das negative Echo in Wien, wo er als Publizist außerordentlich beliebt war, besonders irritiert. Dann aber folgte ein vehementer Widerhall aus den galizischen, polnischen und russischen Ghettos und auch von jungen jüdischen Akademikern aus der ganzen Welt.
»Ohne es zu ahnen«, fährt Zweig fort, »hatte Herzl mit seiner Broschüre den unter der Asche der Fremde glühenden Kern des Judentums zum Aufflammen gebracht, den tausendjährigen messianischen Traum, der in den heiligen Büchern bekräftigten Verheißung der Rückkehr ins Gelobte Land – diese Hoffnung und zugleich religiöse Gewissheit, welche einzig jenen getretenen und geknechteten Millionen das Leben noch sinnvoll machte.«
Die endgültige Erfüllung von Theodor Herzls Traum kam erst 44 Jahre nach seinem Tod, als im Jahr 1948 der Staat Israel ausgerufen wurde.