Berühmte Namensträger: Albert

Von Ernö und Renate Zeltner

Mit Albertus Magnus, dem Heiligen aus Köln am Rhein, fungiert ein wahrhaft Großer als Namenspatron für alle, die Albert oder Adalbert heißen. Der Kirchenlehrer des Mittelalters (gestorben 1280) hat als »Doctor universalis« nicht weniger als fünfzig Werke hinterlassen, die sich nicht nur mit Theologie und Philosophie, mit Astronomie, Meteorologie, Biologie und anderen Naturwissenschaften befassen, sondern auch mit Mechanik und Architektur. 1931 wurde er heilig gesprochen und gilt als Patron der Naturwissenschaftler. Sein Namenstag wird am 15. November gefeiert.

Ein »Albertus Magnus« unserer Zeit war der aus dem Elsass stammende Theologe, Kulturphilosoph, Musiker und Urwalddoktor Albert Schweitzer.

Er kehrte im April 1924 ins Urwaldkrankenhaus Lambarene zurück, das er mit seiner inzwischen verstorbenen Frau 1917 verlassen hatte. Er fand die von ihm gegründete und aufgebaute Station ziemlich verfallen vor. Die Wellblechbaracken wie auch das Doktorhäuschen waren in beklagenswertem Zustand, Wege und Zugänge von hohem Gras und Gestrüpp überwuchert. Ziegel und Steine für feste Wände und vor allem die unerlässlichen Blätterziegel mussten her; sie sollten über den Bambusstäben zur Dachbedeckung zusammengeheftet werden. Insbesondere die Dächer der Unterkünfte hatten sehr gelitten. Dabei war fast nichts zu beschaffen, und auch Helfer fanden sich nicht – nur Kranke, Hilfsbedürftige gab es wieder in Überfülle. Die Eingeborenen, die arbeitsfähig und arbeitswillig waren, hatten sich bei Holzhändlern verdingt, die sie gut bezahlten, da afrikanisches Holz gerade hoch im Kurs stand.

Der Doktor wollte die Wände der verfallenen Unterkünfte, die aus Bambusrohr und Raphiablättern bestanden, durch haltbares festes Material ersetzen, doch konnte er in den Dörfern der Gegend weder Ziegel noch Leute auftreiben, die ihm Bausteine herstellen wollten. So musste er sich trotz der dringenden medizinischen Aufgaben selbst an diese Arbeit machen. Schweitzer war zwar vielseitig begabt, doch aufs Ziegelbrennen verstand auch er sich nicht, wusste kaum mehr darüber, als schon in der Bibel steht. Dort wird nämlich berichtet: Man »setzte also Fronvögte über die Israeliten ein, die sie mit ihren Frondiensten bedrücken sollten … sie verbitterten ihnen das Leben bei harter Fron mit Lehm-, Ziegel- und allerlei Feldarbeit« für den Pharao. Auch Schweitzer musste also zu einer Art biblischem Pharao werden und Druck ausüben, um an seine Backsteine zu kommen.

Für die ärztliche Behandlung verlangte er deshalb von den Eingeborenen, dass sie beim Wiederaufbau der Station mitarbeiteten, soweit sie dazu körperlich in der Lage waren. Wenn sie sich weigerten, wurden den Genesenden die Essensrationen gekürzt. Und wer einen neuen Verband für seine abheilenden Geschwüre brauchte, musste ihn sich erst verdienen. Das brachte Schweitzer vorübergehend um seinen Ruf als »guter weißer Mann«, doch ansonsten hat sich der biblische Rat bewährt.

Ein Engländer erzählte Schweitzer, was eine Eingeborene in Igendja zu einer anderen Frau gesagt hatte: »Nein, geh nicht zum Doktor in Lambarene hinauf, er ist böse geworden und zwingt die Kranken zur Arbeit«. Landauf, landab hörte man nun, »der Doktor bedrängt und zwingt das Volk, ihm Backsteine zu machen«.

Die rigorose Methode scheint sich jedoch gelohnt zu haben, denn Schweitzer selbst berichtet, dass schließlich sogar eine feste Isolierzelle für gefährliche Patienten aus Ziegeln gebaut werden konnte. Er erzählt auch von N’Gonde, einem jungen Holzarbeiter, der unter der afrikanischen Schlafkrankheit litt, von Zeit zu Zeit Erregungszustände bekam und in die Isolierzelle gesteckt werden musste, weil er für seine Mitmenschen gefährlich war. N’Gonde aber wurde schließlich geheilt und blieb aus Dankbarkeit als eine Art Faktotum in der Station und in Schweitzers Diensten. Seine Hauptbeschäftigung bestand im Flicken der Dächer, eine Tätigkeit, in der er es zu wahrer Meisterschaft brachte. Doch eines Tages forderte der Mann von seinem Doktor: »Du hast mich gesund gemacht, nun besorg mir auch eine Frau!« – Schweitzer versuchte ihm klarzumachen, dass diese Form der Belohnung nicht in seine Kompetenz falle, aber er versprach, ihm eine Sparbüchse zu schenken. N’Gonde setzte nun seinen ganzen Ehrgeiz darein, die Sparbüchse allmählich zu füllen, um sich eine Frau zu kaufen. Und seit er Dachdecker geworden war, wollte er auch nicht mehr N’Gonde, sondern Ambrosius heißen – »was ich ihm natürlich zugebilligt habe«. Albert Schweitzer wurde für sein Werk tätiger Nächstenliebe zwar nicht heiliggesprochen, aber 1952 mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Er starb 1965 im afrikanischen Lambarene in Gabun.

Aus einem nicht weniger bekannten, nicht weniger prominenten Namensträger hat man – sicherlich gegen seinen Willen – ein Idol unseres Jahrhunderts gemacht. Die wissenschaftliche Leistung des deutschen Physikers Albert Einstein ist unumstritten, die von ihm aufgestellte Relativitätstheorie hat unser Weltbild revolutioniert wie kaum eine andere wissenschaftliche Idee. Einsteins internationale wie auch die nationale Reputation bis zum unseligen Jahr 1933 belegen seine Wirkungsfelder ebenso wie zahllose Ehrungen, die ihm in aller Welt zuteil geworden sind: Professuren in Zürich, Prag und Berlin, die Mitgliedschaft in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Nobelpreis (1921) und 25 Ehrendoktorate. Einstein aber war nicht nur als Wissenschaftler aktiv, er tat sich auch als leidenschaftlicher Pazifist hervor, war überzeugter Zionist und nahm in Aufsätzen, Vorträgen und bei unterschiedlichen Aktionen zu politischen und gesellschaftlichen Fragen Stellung.

»Meine wissenschaftliche Arbeit wird durch ein unwiderstehliches Verlangen vorangetrieben, die Geheimnisse der Natur zu verstehen, und durch sonst nichts. Meine Gerechtigkeitsliebe und das Streben, zur Verbesserung der menschlichen Beziehungen beizutragen, haben nichts mit meinen wissenschaftlichen Interessen zu tun«, hat er in einem Brief geschrieben. Doch es half ihm nichts, dass er seine Aktivitäten als engagierter Zeitgenosse stets von seiner wissenschaftlichen Tätigkeit getrennt hat. Selbst sein internationaler Ruf konnte den großen Geist nicht vor Angriffen aus nationalistischen, militaristischen und antisemitischen Kreisen schützen, vor Diffamierungen übelster Art und sogar Morddrohungen.

Erich Mühsam berichtet in einem aufschlussreichen Tagebucheintrag vom 31. Mai 1922: »Eben bekam ich einen Brief von meinem Bruder Hans, in dem er mir eine neue Heldentat der Münchner Studentenschaft berichtet. Professor Einstein, mit dem er eng befreundet ist, war eingeladen worden, München zu besuchen, um über seine Relativitätstheorie zu sprechen. Der Rektor berief den Studentenausschuss ein und fragte, ob bei den Vorträgen Einsteins Ordnung, Ruhe und persönliche Sicherheit des Referenten zuverlässig verbürgt sei. Antwort: Die Studentenschaft lehnt die Bürgschaft ab! – Der größte Gelehrte unserer Zeit … darf sich im eigenen >Vaterland<, wo es am allervaterländischsten ist, drei Jahre nach der Revolution nicht blicken lassen, ohne befürchten zu müssen, von den Jüngern der Wissenschaft erschlagen zu werden.« Dass dem einstigen Schüler des Luitpoldgymnasiums solche Schmach ausgerechnet in München widerfuhr, muss ihn besonders geschmerzt haben. 1933 wurden Einstein vom NS-Regime die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt und auf seinen Kopf eine Prämie von 50 000 Reichsmark ausgesetzt.


Damit nicht 5 angelaufen kommen, wenn ich mein Kind rufe.