Phänomen Kevinismus

Kevinismus

Deutschlands Soziologen und Psychologen kennen ein modernes Phänomen: Kevinismus. Laut der satirischen Internetseite Uncyclopedia sei darunter

die krankhafte Unfähigkeit, menschlichem Nachwuchs sozialverträgliche Namen zu geben

zu verstehen. Dort wurde dieser Begriff samt Definition am 1. Februar 2007 erstmals veröffentlicht.

Im Magazin Stern (Ausgabe 26/2007) behauptet der Bestsellerautor Jan Weiler im Artikel Volkskrankheit Kevinismus:

Die Soziologie hat für das Unvermögen einer größer werdenden Bevölkerungsgruppe, ihrem Nachwuchs menschliche Namen zu geben, bereits einen Begriff geprägt: Kevinismus (bei Mädchen: Chantalismus).

Einen Hinweis auf die Quelle dieser Definition sucht man im Stern-Artikel vergeblich, die Ähnlichkeit zur Unicyclopedia-Auffassung des Kevinismus ist aber doch frappierend. Jan Weiler meint übrigens, einen gegenläufigen Trend festgestellt zu haben, den er Emilismus nennt. „Da werden Kinder mit Namen beehrt, die vor rund 90 Jahren schwer in Mode waren: Anton. Paul. Emil. Carl. Friedrich.“

Auch die renommierte Namensforscherin Gabriele Rodriguez hat sich bereits mit dem Kevinismus auseinandergesetzt. In der ZDF-Sendung „Kerner“ präsentierte sie ihre eigene Definition: Gerade bildungsferne Schichten würden sich sehr stark an den Medien orientieren und daher häufiger zu Namen wie Kevin oder Justin greifen. In gebildeten Kreisen hörten die Kleinen heute dagegen gerne auf Alexander oder Konstantin.

Die Tageszeitung Welt vom 26.02.2008 führt an:

Eltern aus der so genannten Unterschicht geben ihrem Nachwuchs am liebsten Namen wie Mandy, Peggy, Justin oder Kevin – ein bloßes Vorurteil oder sozialwissenschaftlich begründbare Wirklichkeit? … Eine allseits anerkannte, aussagekräftige Statistik zu diesem Thema gibt es bisher noch nicht. Aber die Alltagswahrnehmung scheint zu bestätigen: In den Plattenbausiedlungen dieses Landes laufen überdurchschnittlich viele Kinder mit amerikanischen Vornamen herum.
(Kevinismus – Wie Namen die Zukunft von Kindern beeinflussen)

Der Soziologe Jürgen Gerhards bestätigt der Zeitung: „Die Namensgebung angloamerikanischer Namen ist ein Unterschichtphänomen.“ Gerhard Müller von der Gesellschaft für deutsche Sprache dagegen hält die These von den bevorzugten Unterschichtnamen für „großen Quatsch“.

Symptome, die auf eine Erkrankung an Kevinismus hindeuten

  • Die favorisierten Namen sind ausnahmslos Doppel- oder Dreifachnamen.
  • Mindestens einer der Namen endet auf -ia, beinhaltet ein y oder beginnt mit Ch.
  • Ungewöhnliche Verwendung diakritischer Zeichen wie í, ë oder y.
  • Manisches Verlangen, die Namen französisch oder englisch angehaucht aussprechen zu wollen.

Häufigkeitsstatistik des Namens Kevin

Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose

Werden Schüler mit seltenen Vornamen benachteiligt?

Typische Vornamen der bildungsfernen Schichten

Die Legende vom Pirschelbär

Warum der Name Nora gar nicht geht

Babynamen – das kalte Grausen

Promi-Kindernamen

Mehr Satire: das Kaffeenamenprinzip

84 Gedanken zu „Phänomen Kevinismus“

  1. Ich finde nicht dass man dieses „Phänomen“ als „Kevinismus“ bezeichnen sollte, da die Namesgebung Kevin nicht nur bei der, wie so schön gesagt wird, „Unterschicht“ benutzt wird. Ich muss sagen es kommt häufig vor, dass „Leute aus dem Plattenbau“ ihren Kindern Namen wie Justin, Kevin, Mandy, Sandy, Peggy…was weiß ich noch alles, geben. Ich finde es aber wirklich scheisse dass vor allem der Name Kevin so runtergemacht wird.Kevin ist normalerweiße ein seriöser Name, aber hier in Deutschland wird er nur fertiggemacht. Der Name ist übrigens irisch und Namen wie Mandy usw. kommen NICHT aus dem Amerikanischen….

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  2. der Artikel spricht mir aus der Seele …

    Ich warte ehrlichgesagt nur noch auf den ersten standesamtlichen Eintrag eines „Tschastin“, der mir meinen Verdacht bestätigt, dass nur noch die individuelle Schreibweise diese „coolen“ Namen noch toppt – oder ist es nur der „geistige Kevinismus“ besagter Bevölkerungsschicht, der die schriftlichen Stilblüten austreibt?

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  3. Ich arbeite mit Jugendlichen, genauer gesagt mit straffälligen Jugendlichen. Es ist nicht nur ein Phänomen, dass diese Kinder, die zumeist mehr als einmal straffällig werden, eher aus der sogenannten Unterschicht kommen, sondern vermehrt auch die eher „typischen“ Namen haben. Ein Beispiel meiner letzten Kanditaten: Maik, Kevin, Mark Andre, Nadja, Curly Sue, Sebastian, Christian
    ( übrigens alles deutsche Kinder ).

    Hinzu kommt der soziale Verfall in diesen Familien. Erschreckend, was ich da so in mancher Familie gesehen habe. Noch erschreckender jedoch die Tatsache wie hier teilweise die Jugendämter arbeiten.

    Trotzdem finde ich es schade, dass tatsächlich solch ein Trend festzustellen ist, denn erwarte nun auch ein Mädchen und tu mich mit der Namensfindung echt schwer und wenn ich zugeben muss, auch wegen der o.g. These.

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  4. Niemand ist ja gezwungen sein kind Kevin-Justin-Jason zu nennen… Ich finds auch immer sehr belustigend wenn dann auf einen so coolen namen ein Nachname wie Schmidt,Müller oder Bauer folgt.“Chantalle-Charleene-Clairice Müller sucht ihre Mama und kann im Spieleparadies abgeholt werden“ xD
    Auch würde ich mein Kind nie „Jakkeline“ oder einen anderen namen dieser „Schicht“ nennen,denn ich würde nur das Beste für mein Kind wollen…

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  5. total amüsant… was will man dazu sagen… ich denke wirklich die eltern (die zumeist jung sind und mit dem fernseher groß geworden sind) lassen sich viel zu stark durch die medien beeinflussen… jeder star hat heutzutage einen exotisch (für uns) klingenden namen…

    miley, kim, jeanette, jennifer, …

    sie hören einen namen und denken sich: wow, so heißt kein kind, so kann ich meins nennen…

    aber wie das hier geschildert wird… als manie… das ist echt übertrieben

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  6. Die einzig vernünftigen Worte kommen von Gerhard Müller: großer Quatsch! Man kann sich über jeden Namen lustig machen! Warum aber gerade ein Name jetzt bis zum Exzess für so einen Quatsch benützt wird ist verwunderlich. Man hätte diese „Diagnose“ auch z. B. Erwinismus nennen können…… Falls dies wirklich der „Erfinder“ war, dann sollte er auch dazu stehen. Abartig ist, dass die Meinung von 500 feigen Lehrern, die sich anonym mal „auskotzen“ von einer Professorin und ihrer „Betreuten“ veröffentlicht werden darf auf Kosten der Steuerzahler.

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  7. Vorab – Ich kann Ihnen garnicht sagen was ich für einen Zorn habe !
    Wir sind mittlerweile soweit und ziehen eine Namensänderung in Erwägung …. Warum? Weil wir nicht wollen das unser Kind benachteiligt ist nur weil uns der Name so gut gefallen hat und andere ihn aber somit gleich als Assi abstempeln …. toll – soweit sind wir hier schon! Ich find´s diskriminierend!

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    • Ich bin auch Mama von einem Kevin und mir tut mein Sohn oft ziemlich leid.Aufgrund seines Namens hat er oft mit Vorurteilen zu kämpfen. Wenn wir mit seinen Freunden und deren Eltern zusammen sind, können alle Jungs quatsch machen ,aber von Fremden hört man dann immer nur „Typisch schon wieder ein Kevin“Das seine Freunde Lucas ,Paul usw aber alle mitmachen stört niemanden. Und als assig lassen wir uns schonmal nicht abstempeln.Mein Mann war auf dem Gymnasium und ich auf der Realschule.Wir haben beide eine abgeschlossene Berufsausbildung und gehen arbeiten. Vor 3 Monaten haben wir eine Tochter bekommen und wir haben uns wirklich verdammt schwer mit der Namensgebung getan.Wir wollten ihr es leichter machen,als ihrem großen Bruder.Wir hoffen es ist uns gelungen.
      Kevin wir lieben Dich so wie Du bist.
      Mama und Papa

    • Ich heiße auch Kevin, und hatte bisher noch nie Probleme mit meinem Namen.
      Ich kenne noch 5 andere Kevins, die auch noch nie irgendein Problem damit hatten.
      PS: Ich komme nicht aus der Unterschicht, was viele von euch zuvor bestimmt gedacht haben >> Vorurteil.

  8. Wahrscheinlich sollte man es wirklich eher als „Justinismus“ o.ä. bezeichnen, denn die Kevins sind mittlerweile vermutlich in der Minderheit.
    Außerdem sind bei den „Idolen“, die sonst als Namensvorbilder herhalten, auch relativ wenige Kevins dabei. Die sind eher in der Generation davor, man erinnere sich nur an den Fußballer Kevin Keegan (durch den laut meiner Mutter der Name in Deutschland überhaupt erst richtig bekannt wurde). Von den heutigen jungen Eltern kennt den doch keiner mehr. Und die sonstigen berühmten Kevins (z.b. die Herren Costner, Spacey und Kline) sind mehrheitlich auch keine Boyband-Sänger. (Das war nur Herr Richardson von den Backstreet Boys, der dort aber aufgehört hat.)
    Woher kommt also der Begriff? Man weiß es nicht, und ich bedaure alle Kevins, die jetzt darunter leiden müssen.

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  9. Ich finde es unglaublich, dass es inzwischen soweit hin ist, dass man bei der Namensgebung aufpassen muss dass man keine Namen aus dem englischen eindeutscht.
    Ich wollte meinen Sohn Jason nennen. Und nicht weil ich HartzVI-Empfängerin bin und in Berlin-Neuköln lebe. Ich fand ihn einfach schön. Aber ich habe es mir dann anders überlegt, da ich nicht wollte, dass er irgendwann Probleme in der Gesellschaft dadurch bekommt, dass seine Mutter einen ausgefallenen Namensgeschmack hat.
    Allerdings ist es schon auffällig, dass so viele Kinder aus der Unterschicht heute Justin oder Chantal heißen, dass muss ich ja zugeben, aber man kann ja nun nicht alle die mit diesen Namen gesegnet sind gleich als Assis abstempeln.

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  10. Ja, sollche Namen wie Justin,Chantal etc. verbindet man
    doch schnell mit Unterschicht und Teenie-Eltern….natürlich nicht immer okay!! Eine Person ist auch mehr als ein Name, das sollte keiner vergessen….jeder ist dass was er aus sich macht!!!!!!!!!!! Aber oft wollen sich Eltern mit dem Namen des Kindes schon auch darstellen…naja, wer das so braucht soll es tun!!!!!!!!Aber mit Leistung kommt man bei mir besser an, als mit wichtigen oder ausgefallenen Vornamen!!!!!!!!!

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    • Ich verbinde Menschen die 30 Ausrufezeichen in nur 6 Zeilen unterbringen mit Unterschichten oder Teenie-Eltern, denn artikulieren fällt in diesen Gruppen gewöhnlich schwerer.

      Zum Thema: Ich bin Vater eines Kevin, und mich interessiert der ganze Unsinn was andere von meiner Namenswahl halten nicht. Wir haben als Eltern unserem Kind ein Selbstwertgefühl aufgebaut. Andere Kinder müssen mit Hörgeräten leben, oder mit Krücken, DIE haben einen Grund zu jammern, aber gewiss kein Kevin wegen seines Namens, ehrlich mal.

      G.N8

  11. Es handelt sich schlichtweg um schichtspezifische Geschmacksunterschiede. Man könnte diese Diskussion auf jeden anderen Bereich wie Literatur, Musik, Kunst oder sogar Lebensmittel ausweiten. Soziologische Untersuchungen beweisen diese Theorie (z.B. Pierre Bourdieu- Die feinen Unterschiede).
    Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel und einem Menschen aufgrund seines Namens einen Stempel auf die Stirn zu drücken, ist engstirnig und dumm.

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  12. Unterschicht hat nichts damit zu tun, dass man arbeitslos ist, sondern wie oben erwähnt auch damit, welchen Trends man folgt. Wie gesagt, kann man die Diskussion auch auf andere Bereiche verlegen, zum Beispiel gibt es Menschen, die Kartoffeln geschält im Glas kaufen (vorgekochte), weil diese angeblich weniger Zeit bräuchten, diese jedoch allerdings teurer sind als normale und auch wesentlich weniger Vitamine enthalten. Genauso Klischee der Eicherustikal und so weiter.
    Zu Menschen, die Kevin heißen und jetzt darunter leiden müssen: Tragt euren Namen mit Stolz: Irgendwann wird er so aus der Mode gelangen, dass es wirklich cool wird ihn zu tragen! Irgendwann kommt auch Eicherustikal wieder in Mode!
    Und über Geschmäcker soll man sich nicht streiten, nur diskutieren.

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