Wie Namen für Romanfiguren entstehen

Es ist eine seltene Aufgabe, einen Namen für ein Baby auszuwählen. Schriftsteller und Autoren stehen dagegen regelmäßig vor einer vergleichbaren Herausforderung, wenn es darum geht, geeignete Namen für die Figuren in einem Roman oder Film zu finden. Das kann sehr anstrengend sein, denn durch einen unpassenden Namen kann eine Figur ganz anders wirken, als beabsichtigt.

Vornamen in der Literatur

Ein wichtiger Anhaltspunkt ist das Alter der Figur. Angenommen, die Figur ist in den 1970er Jahren geboren: Ein typischer Name aus dieser Zeit wie z. B. Markus oder Sandra wirkt normal. Die Namen Andreas und Sabine, die in den 1960er Jahren populär waren, wirken altmodisch. Mit einem Modenamen aus den 1980er Jahren wie Daniel und Julia bekommt die Figur ein fortschrittliches Image. Besonders in seichten TV-Produktionen haben auch erwachsene Rollen, die sympatisch wirken sollen, meistens Vornamen aus der aktuellen Babynamenhitliste. Für ungewöhnliche, unangepasste Figuren scheint ein ausgefallener Vorname die erste Wahl zu sein. Andererseits ist es auch ein bewährtes Stilmittel, die Originalität durch Kontraste herauszustellen – eine schräge Type mit dem alltäglichen Namen Thomas Müller wirkt besonders schräg.

Schreibmaschine © Bartlomiej Zyczynski - Fotolia.com
Foto © Bartlomiej Zyczynski – Fotolia.com

Im richtigen Leben sind solche Rückschlüsse nicht angebracht, denn der Träger eines Namens kann ja am wenigsten dafür. Der Name sagt eher etwas über die Eltern aus, die den Vornamen schließlich ausgewählt haben. Fraglich ist, ob Leser und Zuschauer diesen Gedanken nachvollziehen würden – eine schwierige Entscheidung für Autoren.
Sehr viel über die Familie sagt es aus, wenn eine Romanfigur den Vornamen des Vaters, der Mutter oder anderer Vorfahren trägt. Hier signalisiert der Schriftsteller Traditionsbewußtsein. Von dieser Konstellation abgesehen wird der Autor Namensdoppel vermeiden, um den Leser nicht unnötig zu verwirren.

Durch den Einsatz von Spitznamen und Kosenamen einerseits und förmliche Anreden andererseits werden in der Literatur unterschiedliche Vertrauensverhältnisse zwischen den Figuren herausgestellt.