Soll’s ein besonderer Name sein?

von Annemarie Lüning

Alles hat zwei Seiten: Die Spitzenreiter bei beliebte-Vornamen.de zeichnen sich dadurch aus, dass viele Menschen sie toll finden. Genau das bringt aber nicht wenige Eltern dazu, diese zu meiden – auf der Suche nach dem einen „besonderen“ Namen. Sie auch?

„Wir wollen auf gar keinen Fall einen Ben oder Louis!“ Bemerkungen wie diese werden so mancher Namenssuche vorausgeschickt. Stattdessen wird – im Sinne von beliebte-Vornamen.de – nach einem mehr oder minder seltenen, also „unbeliebten“ Namen gefahndet und hinter manchen Favoriten ein dickes Fragezeichen gesetzt („Gibt es wirklich so viele Babys namens Oskar?“, „Könnte Martha ähnlich beliebt werden wie Emma?“). Was spricht für die Suche nach einem selteneren Namen? Und an welchen Punkten könnte es kritisch werden?

Der doppelte Elias

Tatsächlich sind Dopplungen gerade bei Modenamen nicht ganz unwahrscheinlich und können in Kindergarten oder Schule lästig sein. Oder sogar mehr als das: wenn etwa (eine wahre Geschichte!) der kleine Elias gegen seinen Protest von den Erziehern allein auf den Heimweg geschickt wird, obwohl nur sein etwas älterer Namensvetter schon unbegleitet nach Hause darf. In vielen Fällen dürften hinter der Suche nach einer Namensrarität aber einfach die Erfahrungen stehen, die die Eltern mit ihren eigenen, alles andere als unverwechselbaren Namen gemacht haben. Aber Achtung: Nur weil man selbst es blöd fand, der dritte Michael oder die vierte Stefanie seines Jahrgangs gewesen zu sein, sollte man nicht ins entgegengesetzte Extrem verfallen – das kann in die Hose gehen.

Ein unbeschriebenes Blatt

Bei ausgesprochenen Modenamen liegt meist auf der Hand, welcher Generation ihr Träger oder ihre Trägerin angehört. Auch mit eher zeitlosen Klassikern wie Anna oder Julia sind bestimmte Assoziationen verbunden, ebenso wie mit derzeit sehr unpopulären alten Namen wie Erwin: Fast jeder hat schon Träger dieser Namen getroffen und verbindet etwas mit ihnen, sei es die blöde Banknachbarin oder den Großonkel, bei dem es immer Erfrischungsstäbchen gab. Wer es dagegen schafft, einen wirklich seltenen Namen ausfindig zu machen, umgeht all das; das Kind kann sich buchstäblich selbst einen Namen machen. Menschen mit seltenen Namen berichten auch, dass sie anderen besser im Gedächtnis bleiben.

Namen basteln © alex1a1a1a - fotolia.com
Foto © alex1a1a1a – fotolia.com

Wir basteln einen Namen

Ganz leicht ist die Suche nach dem „unbeschriebenen Blatt“ allerdings nicht. Tut man sich in anderen Sprachräumen um, kommen schnell auch entsprechende Assoziationen ins Spiel („Kommst du aus Finnland/aus der Türkei?“). Mancher verfällt deshalb darauf, für den Nachwuchs einen ganz neuen Namen zu basteln oder einen solchen aufzugreifen. Amilia wäre so ein Name, den ich in letzter Zeit öfter gelesen habe, ein Mix aus Emilia und Amalia. Auch Romily habe ich schon gesehen, Righolm und Ferdilas, die letzten beiden aus Rollenspielerkreisen. Oder wie wäre es mit Leowin – Lewin mit eingeschobenem o? Zu bedenken ist allerdings, dass solche Namen weder historische Wurzeln noch eine Bedeutung (bis auf die ganz persönliche) haben. Beim flüchtigen Hinhören werden sie leicht mit dem gängigeren „Original“ verwechselt.

Was Sie bedenken sollten

Natürlich liegt es ganz bei Ihnen und Ihrem persönlichen Geschmack, welchen Namen Sie für Ihren Sprössling letztlich auswählen. Hier trotzdem noch ein paar Punkte, die mir bedenkenswert scheinen:

  • Verwerfen Sie nur wegen einer „zu hohen“ Platzierung in der Topliste nicht Ihren Herzensnamen! Auch bei einem selteneren Namen kann es vorkommen, dass das Nachbarskind plötzlich ganz genauso heißt. Blöd, wenn Sie von Ihrer Wahl dann selbst nicht wirklich überzeugt sind.
  • Werfen Sie auch einen Blick auf die Hitliste Ihres Bundeslandes – einige Namen, die bundesweit nach gutem Mittelfeld aussehen, sind regional sehr viel häufiger. Es ist in jedem Fall gut, das vorher zu wissen.
  • Versuchen Sie nicht, einen eher häufigen Namen durch eine quasi noch nie dagewesene Schreibweise zu „verschönern“ („Der Sohn unserer Freunde heißt schon so, deshalb fügen wir ein y ein“) – Sie und Ihr Kind würden aus dem Buchstabieren kaum mehr herauskommen. Ein Leben lang.
  • Beziehen Sie in Ihre Überlegungen mit ein, dass die Menschen Ihres Umfelds, zum Beispiel die Großeltern, den Namen gut aussprechen können sollten. Ob Eugene da wirklich eine gute Wahl ist? Nicht jeder schaut dieselben Serien wie Sie und weiß deshalb im Schlaf, wie der Name Ihres Lieblingsschauspielers oder -charakters klingen muss.
  • Apropos: Es mag verführerisch sein, sich von Film, Fernsehen oder Promiwelt zu einem ganz frisch erscheinenden Namen inspirieren zu lassen. Sehr wahrscheinlich sind Sie mit dieser Idee aber nicht allein. Zudem kann später jeder leicht feststellen, woher Ihre Eingebung kam, egal, ob Ihr Kind die Story dazu mag oder nicht.
  • Und nicht vergessen: Es gibt viel, sehr viel Leben zwischen den absoluten Topnamen und verschwurbelten Eigenkreationen. Wie auffällig möchten Sie es wirklich haben? Vielleicht ist ja auch ein Name aus der „goldenen Mitte“ genau der richtige für Ihr Kind?

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2 Gedanken zu „Soll’s ein besonderer Name sein?“

  1. Unsere Mädchen heißen Christina und Stephanie. Beides Modenamen in den 80ern. Wussten wir aber nicht.Es war schon nervig im Kindergarten und in der Schule gab es beide Namen mehrfach. Unser Sohn sollte also einen ausgefalleneneren Namen bekommen. Er ist glücklich mit seinem Namen und heißt Tizian.

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