Nachname vorhanden, Vorname gesucht

von Annemarie Lüning

Wenn’s hochkommt, stehen für ein Kind zwei Nachnamen zur Wahl: Mamas Name, Papas Name, that’s it. Das ist allerdings kein Grund, den Nachnamen bei der Namenssuche nicht weiter zu beachten. Tatsächlich kann er sogar das Zünglein an der Waage sein.

Sein Bart ist ellenlang, der Witz aber trotzdem nicht totzukriegen: Irgendjemandem fällt immer eine Claire Grube ein, wenn über verfängliche Namenskombinationen gesprochen wird („So heißt die Tochter vom Schwippschwager meiner Nachbarin, ehrlich wahr!“). Oder ein Axel Schweiß. Haha.

Gesamtkunstwerk fürs Leben

Ein Körnchen Wahrheit steckt aber doch darin: Vor- und Nachname zusammen sind eine Art Gesamtkunstwerk, das Ihr Kind über viele Jahre, oft sogar sein Leben lang begleitet. So verliebt Sie in einen Vornamen sein mögen, prüfen Sie das Zusammenspiel mit dem Nachnamen. Falls Sie zwischen mehreren Namen (oder Schreibweisen) schwanken, kann der Nachname ein guter Entscheidungshelfer sein. Dazu ein paar Gedankenanstöße:

Namensfrage © Piotr Marcinski - Fotolia
Namensfrage © Piotr Marcinski – Fotolia

1. Nur eine(r) von vielen

Eine E-Mailadresse mit dem eigenen Namen? Nahezu aussichtslos, wenn man zu einem häufigen Nachnamen einen häufigen Vornamen trägt. Natürlich kann Familie Meyer es auch gerade gut finden, dass Tochter Emma später kaum zu ergoogeln sein wird. Trotzdem können „Komplett-Namensvettern“ in der Schule oder im Job auch nerven. Wer das vermeiden möchte, wählt zum Massennachnamen keinen der allerbeliebtesten Vornamen oder fügt zumindest einen nicht allzu gängigen Zweitnamen ein.

2. Kompliziert trifft einfach

Niemand weiß besser als Sie, ob Ihr Nachname schwierig ist. Wenn dieser öfter falsch als richtig gesprochen wird und Sie ihn stets buchstabieren müssen, könnte es eine gute Idee sein, für Ihr Kind zumindest einen möglichst unmissverständlichen Vornamen zu wählen. Das ist nicht gleichzusetzen mit häufig, auch jenseits der Top-60 finden sich schöne Namen, die nahezu jeder sprechen und schreiben kann.

3. Streitpunkt Sprachmix

Maxwell Tiedemann, Brian Berglmeier – passt das oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister, viele Eltern stören sich am Sprachmix offensichtlich nicht oder meinen, ihr Nachname sei ja „nicht so typisch deutsch“. Kritisch finde ich es, wenn Namensteile gleich geschrieben, aber unterschiedlich gesprochen werden. Jeremy Jacobs wäre so ein potenzieller Zungenbrecher. Schwierig wird es auch, wenn man einen auf Deutsch geläufigen Namen wählt, aber die englische Aussprache wünscht: Elisa Schulz wird um ihr „Ihlaisa“ kämpfen müssen (zumal, wenn sie nicht Eliza geschrieben wird).

4. Seht mich an

Kann Familie Jessen ihren Sohn Jesco nennen und Familie Salewski ihre Tochter Salome? Auch hier wird es geteilte Meinungen geben, es ist eine Frage des Geschmacks, auf die nicht pauschal geantwortet werden kann. Doch eins ist sicher: Solche Kombinationen sind Hingucker. Wer es unauffälliger mag, meidet gleiche Anfangssilben sowie offene oder versteckte Reime (Lorenz Krenz, Anne Hannemann). Gleiche Initialen sind weniger auffällig, allein schon weil sie häufig vorkommen. Eine Ausnahme machen nur „wortige“ Nachnamen: Fritz Fuchs und Silvie Sorglos klingen leicht nach Comic.

5. Harmonie und klare Linie

Wird ein wichtiger Buchstabe aus dem Nachnamen im Vornamen wiederaufgegriffen – wie etwa bei Helene Lindholm das H –, kann das besonders harmonisch wirken. Ansonsten kann der Nachname sogar dabei helfen, sich zwischen verschiedenen Schreibweisen zu entscheiden: Für Familie Jacobi ist es praktischer, ihre Tochter Bianca zu nennen statt Bianka, weil man dann „beides mit c“ sagen kann. Eine ebenso klare Linie fahren Herr und Frau Matthäus, die ihren Sohn Thorben nennen (und nicht Torben).

6. Vorsicht am Übergang

Prüfen Sie Ihre Wunschkombination auf Herz und Nieren, indem Sie sie aussprechen und – gegen Betriebsblindheit – vielleicht auch ausgewählte Vertraute damit beauftragen (Sie können Ihren Liebling dabei ja in einer längeren Liste verstecken). Achten Sie auf den Übergang zwischen Vor- und Nachnamen: Ist hier eine besondere Betonung oder eine überdeutliche Pause nötig? Wenn der Nachname mit dem Endlaut des Vornamens beginnt, kommt es vor, dass beide auf ungünstige Weise miteinander verschmelzen (Paullehmann) oder zu einer verknoteten Zunge führen (Nellie Liedtke).

7. Über kurz oder lang

Kurze Nachnamen klingen im Verein mit mehrsilbigen Vornamen oft melodischer. Umgekehrt vertragen lange Nachnamen gut einen kurzen Vornamen – spart ja auch Felder in Formularen. Wer hier einwendet, dass das Kind seinen Nachnamen ja irgendwann wechseln könne, womit das fein austarierte Gleichgewicht für die Katz sei: Das stimmt. Doch das passiert wohl frühestens in zwanzig Jahren, ein Zeitraum, für den Sie Ihren Einfluss auf den gesamten Namen nutzen sollten. Mit einem zwei- bis dreisilbigen Vornamen sollten Sie für jede Nachnamenslänge gut aufgestellt sein.

8. Vornamen an die Macht

Wo es noch keinen gemeinsamen Familiennamen gibt, hat das Paar vor der Ankunft des ersten Kindes tatsächlich eine Gestaltungsmöglichkeit mehr als andere Eltern. Sofern keine triftigen Gründe dagegen sprechen: Testen Sie ruhig einmal aus, wie die von Ihnen favorisierten Vornamen in beiden Kombinationen klingen. Ich weiß von einem Paar, bei dem das Geschlecht des ersten Kindes bestimmte, dass der Name der Mutter Familienname werden würde – einfach weil der liebste Mädchenname des Paares sich zu diesem Nachnamen besser anhörte.

3 Gedanken zu „Nachname vorhanden, Vorname gesucht“

  1. Die Sache mit dem Sprachmix kann aber auch problematisch sein. Ich habe beispielsweise einen tschechischen Nachnamen, noch aus dem Habsburgerreich. Sollte ich deshalb einen tschechischen Vornamen bekommen obwohl ich mit dem Land ansonsten nix zu tun habe?

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