Neue Vornamen für irische Einwanderer

Britische Forscher haben die Vornamentrends unter irischen Einwanderern in England im 19. Jahrhundert untersucht. Wahrscheinlich aus Angst vor Vorurteilen haben die Immigranten Ihren Kindern zum großen Teil anstelle der traditionellen irisch-katholischen Namen lieber englisch-protestantische Namen gegeben.

Dr. Malcolm Smith von der Durham University und Professor Donald MacRaild von der Northumbria University haben die Vornamenhäufigkeit im Jahr 1881 unter den irischen Einwanderern der ersten und der zweiten Generation miteinander verglichen. Sie haben beobachtet, dass die Zahl der irisch-katholischen Vornamen drastisch gefallen ist. Die englisch-protestantischen Namen sind dagegen häufiger geworden.

Während noch elf Prozent der irischen Einwanderer der ersten Generation Patrick hießen, galt dieses unter den Nachkommen nur noch für zwei Prozent. Für Bridget, den häufigsten weiblichen Vornamen unter den Iren, fiel der Anteil von neun Prozent auf ein Prozent. Ganz anders die Entwicklung der typischen englischen Namen George und William: Der Anteil stieg von einem auf fünf Prozent (George) und von fünf auf elf Prozent (William).

Dr. Malcolm Smith glaubt, dass die Menschen traditionelle Namen vermieden und so ihre kulturelle Identität versteckt haben, um Diskriminierungen aus dem Weg zu gehen. Damals waren in England Vorurteile gegen die irischstämmige Bevölkerung allgegenwärtig. Stellenausschreibungen enthielten oftmals einen Vermerk, dass sich Iren gar nicht erst bewerben sollten. Offenbar beeinflusste dieses feindseelige Klima nicht nur die Auswahl der Kindernamen, sondern führte sogar dazu, dass Erwachsene Iren ihren eigenen Namen änderten. Je mehr Namen zu negativen Assoziationen führten, beispielsweise bei klischeehaften irische Namen wie „Paddy“ und „Biddy“, desto größer war der Druck, den Namen zu ändern – sowohl aus Angst vor Vorurteilen als auch um die Berufsaussichten zu verbessern. Wären die irischen Einwanderer darauf aus gewesen, ihre Identität herauszustellen, wäre es eher zu einer Zunahme der irisch-katholischen Vornamen in England gekommen.

Die Wissenschaftler kennen auch ähnliche Studien, die belegen, dass die Assimilation über Vornamen auch in anderen Ländern vorkommt. Genannt werden die Türken in Deutschland, Inder in Australien und Iren in den USA. Letztere pflegten auch, die typisch irischen Prefixe O und Mc ihres Familiennamens wegzulassen, um amerikanischer zu wirken.

Referenz

Paddy and Biddy no more: An evolutionary analysis of the decline in Irish Catholic forenames among descendants of 19th century Irish migrants to Britain
Malcolm T. Smith, Donald M. MacRaild
Annals of Human Biology, Jan 2009, Vol. 36, No. 5, Pages 595-608.