JHWH – Was bedeuten die vier hebräischen Buchstaben?

JHWH – Was bedeuten die vier Buchstaben?

Autorin: Johanna

Bin ich wohl die Einzige, die zuckt, wenn für den Namen Jonathan die Bedeutung „Gott hat gegeben“ genannt wird? Das wäre korrekt für Nathanael.
Das Element natan „er hat gegeben“ ist beiden Namen gleich – aber bei Jo-nathan wird es um den Gottesnamen JHWH ergänzt. Bei Nathana-el um die Bezeichnung „Gott“.

JHWH, Gott, der HERR, Jahwe, Jehova … Was hat es mit den vier hebräischen Buchstaben auf sich?

»Macht das überhaupt einen Unterschied?«, mag man da fragen, »Ist das nicht irgendwie das Gleiche?«
Ja und Nein.
Nach christlichem und jüdischem Verständnis ist JHWH Gott. Diese Auffassung teilen aber nicht alle Religionen.

Es käme ja auch niemand auf die Idee »Jim is a teacher« mit »Der Mann ist ein Lehrer« zu übersetzen, nur weil es sich bei Jim offensichtlich um einen Mann handelt. Vor allem in der polytheistischen Welt des Alten Testaments machte es einen enormen Unterschied, ob man nun allgemein sagte »Gott hilft« (Eleasar), jüdisch sagte »der HERR hilft« (Asarja) oder kanaanäisch »Baal hilft« (Balthasar).

Ein Name wie Joel (»JHWH ist Gott«) oder Elias (»Mein Gott ist JHWH«) würde auch keinen Sinn ergeben, wenn man JHWH mit »Gott« übersetzt.

Was hat es nun genau mit diesem Gottesnamen auf sich?

Der christlich-jüdische Gott stellt sich Mose im brennenden Dornenbusch mit Namen vor. Ein Name, der aus vier hebräischen Buchstaben besteht: יהוה, auf Deutsch JHWH. In der Fachsprache sagt man auch Tetragramm (griechisch: vier-Buchstaben).

Was dieser Name bedeutet, weiß man bis heute nicht. Gott selbst erklärt den Namen in der Bibel mit den Worten: »ʾæhjæ ʾᵃšær ʾæhjæ«. Übersetzt: »Ich bin, der ich bin« oder »Ich werde sein, der ich sein werde.« Entsprechend versucht man, den Namen von der hebräischen Wurzel היה hjh »sein«, »da sein«, »leben« abzuleiten. Übersetzungsversuche lauten dann: »der Daseinsbringende«, »der Seiende«, »der Daseinsgeber«. Allerdings wird diese Herleitung häufig als Volksetymologie gedeutet.
Eine andere Herleitung ist die arabische Wurzel hwj. Diese hat verschiedene Bedeutungen. Am wahrscheinlichsten wäre die Herleitung von »wehen«, »blasen«.

Und wie geben wir jetzt die Namensbedeutung von Jonathan am besten an?

Naheliegend ist, die Buchstaben einfach auszuschreiben: »JHWH hat gegeben«. Doch vier aneinandergereihte Konsonanten – das verstehen nur Insider und es sieht ziemlich seltsam aus. Dann gäbe es noch die Möglichkeit, den Namen komplett – also wie er gesprochen wird – aufzuschreiben. Dann könnte man ihn wenigstens vernünftig lesen. In der Forschung geht man aufgrund von alten griechischen Überlieferungen von der Aussprache »Jahwe« aus: »Jahwe hat gegeben«. Aber auch das wird wahrscheinlich bei vielen Leuten wahrscheinlich Verwirrung auslösen.
Und ein weiteres Problem gibt es bei diesen beiden – in christlicher Fachliteratur oft verwendete – Lösungen: Der jüdische Umgang mit dem Gottesnamen.

Schon um die Zeitenwende begann man, den Gottesnamen nicht mehr auszusprechen. Der Grund dafür war das Gebot: »Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes nicht missbrauchen.« Wer diesen heiligen Namen nicht ausspricht, der kann ihn auch nicht (versehentlich) missbrauchen.
Und so suchte man ein Ersatzwort: Adonaj, Auf deutsch »Herr« oder »meine Herren«. Das ist ein im Alten Testament häufig verwendeter Titel für Gott. Heute wird im Judentum häufig haSchem (»der Name«) verwendet, verschriftlicht meist יי (jj) oder ייי (jjj). Ausgeschrieben werden die vier Konsonanten im Judentum heute nur noch in biblischen Texten.
Auch in deutschen Bibelübersetzungen und dadurch in der christlichen Praxis wurde der Gottesname durch »Herr« ersetzt. Zur Unterscheidung von der Vokabel wird er allerdings typographisch hervorgehoben: HErr, HERR oder Herr. (Deshalb findet man heute auch manche skurrile Anrede „Herr Herr“ in der Bibel.)

Im Hebräischen fällt die Unterscheidung leichter. Dort werden in der Regel nur die Konsonanten – in diesem Fall יהוה (JHWH) geschrieben. Die Vokale werden – insbesondere in biblischen Texten – durch Punkte oder Striche über oder unter den Konsonanten ergänzt. Als zwischen 780 und 930 n. Chr. die biblischen Texte um diese Vokale ergänzt wurden, entschieden sich die sogenannten Masoreten, im Falle des Gottesnamens zwar nicht in den konsonantischen Wortlaut des Textes einzugreifen – also weiterhin JHWH zu schreiben – dies jedoch um die Vokale des Ersatzwortes Adonaj (אֲדֹנָי) zu ergänzen. Ketib-Qere (Geschriebenes – Gelesenes) nennt man das. Im Hebräischen sieht das dann so aus: יְהֹוָה.

Diese clevere Lösung wurde seit dem Dominikaner Raimundus Martinus zum Problem. Der las nämlich Konsonanten und Vokale gemeinsam, als sei es ein Wort: Jehova. Und nach ihm viele andere. In deutschen Bibelübersetzungen wurde dieser Fehler längst korrigiert. Erhalten hat er sich jedoch bei den Zeugen Jehovas.

יהוה JHWH / אֲדֹנָי Adonaj / יְְהֹֹוָָה Jehova
יהוה JHWH / אֲדֹנָי Adonaj / יְְהֹֹוָָה Jehova

In hebräischen Namen wird der Gottesname mit einer Kurzform wiedergegeben.
Zu Beginn eines Namens lautet diese Jeho- oder Jo-, seltener Je-. Beispiele sind Josua (Jo-schua, Jeho-schua, Je-schua), Johannes (Jo-chanan, Jeho-chanan), Jonathan (Jo-natan, Jeho-natan).
Am Ende eines Namens lautet sie -jahu oder -ja, im Deutschen auch -ia oder gräzisiert -ias. Beispiele sind Elia (Eli-ja, Eli-jahu), Jeremia (Jirme-ja, Jirme-jahu), Tobias (Tovi-ja, Tovi-jahu).

Wie übersetzen wir Jonathan denn nun am besten?

Ich denke, das hängt stark vom eigenen Ermessen ab. Für mich privat nutze ich gerne das Tetragramm. Für mich ist es etwas Besonderes, dass Gott einen Namen hat.
Öffentlich nutze ich dann doch meistens HERR oder Herr. Aus Respekt vor den Juden – und auch, weil es für Außenstehende viel greifbarer ist.

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