Das germanische System der zweigliedrigen Rufnamen basierte auf der Kombination zweier Wörter, die wahrscheinlich Heilswünsche für das Neugeborene beinhalteten (sogenannte „programmatische Namen“). Bei Frauen kamen Tierbezeichnungen selten vor, bei Männern dagegen häufig (Bär, Eber, Rabe, Adler, Wolf). Bezeichnungen für Schönheit und bestimmte charakterliche Merkmale gab es eher bei Frauen, solche für Kühnheit, Stärke und Berühmtheit eher bei Männern.
Später hat sich die Bildung der Namen nach anderen Gesichtspunkten ausgerichtet. Zum Beispiel konnten sich die Namen der Kinder aus den insgesamt vier Rufnamengliedern der Eltern zusammensetzen (die Glieder der Namen Hildegund und Friedger wurden variiert zu Friedhild, Gerhild, Hildger, Gundfried).
Widersinnig
Die wörtliche Bedeutung wurde nicht mehr verstanden oder war nicht mehr wichtig. Im Althochdeutschen gibt es viele Kombinationen von Namengliedern mit einer widersinnigen wörtlichen Bedeutung.
Aus den kombinierten Rufnamen wurden zahlreiche Kurzformen abgeleitet, die oftmals noch heute zu den verbreiteten Vornamen gehören. Heutzutage wird aber der Bedeutung des Namens wieder größere Aufmerksamkeit geschenkt. Da eine sinnvolle Deutung aber schon im althochdeutschen Ursprung vieler Namen abhanden kam, können viele „aktuelle“ Namen nicht zufriedenstellend erklärt werden. Der Vorname Ralf ist zum Beispiel ein Kurzform von Radolf. Radolf wiederum wurde aus den germanischen Worten für „Rat“ und „Wolf“ kombiniert, wobei es sich nicht um einen programmatischen Namen handelt. Die Folgerung, die Namen Radolf und Ralf als „ratgebender Wolf“ zu deuten, ist albern.
Gesetzmäßigkeiten
Bei der Bildung der germanischen zweigliedrigen Namen wurden einige Gesetzmäßigkeiten eingehalten. Das geschah natürlich nicht per Vorschrift, sondern freiwillig aus klanglichen Gründen. So ist es nicht üblich, dass sich die beiden Namensglieder reimen; auch Alliterationen kommen nicht vor. Sehr ungewöhnlich ist ein vokalischer Anlaut beim zweiten Namensbestandteil.
Von Knud Bielefeld
… Verzeichnis altgermanischer Namensbestandteile
Referenzen
- Das deutsche Personennamensystem von Damaris Nübling und Antje Dammel (Mainz)
- Duden – Das große Vornamenlexikon