Gerichtsurteile über ungewöhnliche Vornamen

Familienname des Vaters als Vorname des Sohnes

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat entschieden, dass ein Junge den Familiennamen des Vaters „Lütke“ als dritten Vornamen führen darf.


Warum der Vater seinem Sohn den Nachnamen als Vornamen geben darf

November

Im Januar 1995 wurde die Eintragung von „November“ als Vorname vom Amtsgericht Tübingen noch abgelehnt. Elf Jahre später, im Juni 2006, kam es am Landgericht Bonn zu einer anderen Entscheidung: Ein Junge darf jetzt die Vornamen “Joël November Severin” führen. Spätestens seit November 2007 ist der Name auch für Mädchen gebräuchlich: Im Standesamt von Bad Oldesloe wurde „Svea November“ beurkundet.

Namensänderung © shoot4u - Fotolia.com
Foto © shoot4u – Fotolia.com

Zur Anzahl der Vornamen eines Kindes

Eine Mutter wollte ihrem neugeborenen Sohn zwölf Vornamen geben:

Chenekwahow, Tecumseh, Migiskau, Kioma, Ernesto, Inti, Prithibi, Pathar, Chajara, Majim, Henriko und Alessandro

Das Oberlandesgericht Düsseldorf ließ das aber nicht zu, denn die Namenswahl dürfe nicht dem Kindeswohl widersprechen. Zwölf Vornamen hätten aber einen erheblich belästigenden Charakter für das Kind. Es müsste sich die richtige Reihenfolge und Schreibweise der größtenteils ungewöhnlichen Namen merken und würde durch diese immer wieder auffallen. Zudem sei die Selbstidentifikation des Kindes mit zunehmender Zahl seiner Vornamen nicht mehr gewährleistet.
Letztendlich wurden die ersten fünf Vornamen zugelassen. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte der Mutter keinen Erfolg.

Im Interesse der Kinder

Töchter durften nicht Christin oder Nicola heißen

Weil die Namen Christin und Nicola im Standardwerk „Internationales Handbuch der Vornamen“ für Männer und für Frauen eingetragen sind, wollten die jeweils zuständigen Standesämter diese Vornamen nur mit einem zweiten, eindeutig weiblichen Namen zulassen. Im Fall Christin wurde aber bescheinigt, dass die männliche Verwendung historisch bedingt ist und Christin heutzutage als weiblicher Vorname gilt.

Mädchen darf nicht Anne Marie heißen

Zwei der beliebtesten deutschen Babynamen, Anne und Marie, werden in Falkensee (Brandenburg) nur noch mit einem zusätzlichen Namen zugelassen. Eine Standesbeamtin hat dort herausgefunden, dass diese Vornamen in einigen Ländern männliche Vornamen sind. Laut dem deutschen Namensrecht muss aber das Geschlecht aus dem Namen eindeutig erkennbar sein.
Die Namensberatungsstelle der Uni Leipzig bestätigt, dass in verschiedenen Sprachen Anne und Marie als Jungennamen bekannt sind. Allerdings sei diese Verwendung im deutschen Sprachraum nicht üblich und sollte möglichst vermieden werden.

Emma Tiger

In den USA war es für den deutschen Schauspieler Til Schweiger kein Problem, seine Tocher Emma Tiger zu nennen. Ein Paar aus Sehnde bei Hannover wollte es ihm gleichtun. Hierzulande wurde dieser Vorname aber nicht ohne weiteres zugelassen. Das Amtsgericht lehnte Tiger als Vorname ab, weil das Wohl des Kindes gefährdet sei. Das Landgericht begründetet die Ablehnung in der zweiten Instanz damit, dass dieser Name nicht eindeutig weiblich sei.
Das Oberlandesgericht Celle hob diese Urteile auf, so dass das Mädchen jetzt „Emma Tiger“ heißen darf. In der Begründung bezog sich der Richter ausdrücklich auf Til Schweiger. Der Name wird durch die Berichterstattung über die Tochter des Prominenten bekannt werden und so in der Öffentlichkeit Akzeptanz gewinnen, so das Gericht.

Eleni Sizilia

In Leipzig durfte ein Mädchen jetzt Eleni Sizilia genannt werden. Sizilia wurde als Variante von Cäcilia anerkannt.

Virginia LouAnn

Das Erfurter Oberlandesgericht hat entschieden, dass ein Mädchen LouAnn heißen darf. Zuvor wollte das zuständige Standesamt lediglich die Variante Lou Ann zulassen.
Die Richter befanden, dass es inzwischen auch in Deutschland üblich ist, ausländische Vornamen zu vergeben. Die im englischsprachigen Raum gebräuchliche Schreibweise muss darum akzeptiert werden.

Emilie-Extra

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat Eltern im Jahr 2003 erlaubt, ihre Tochter Emelie-Extra zu nennen.
In der Begründung heißt es, das Erziehungsrecht enthalte auch das Recht zur Namenserfindung. Es gelte nur zu beachten, dass der Mensch durch den Namen nicht herabgewürdigt wird.
Das zuständige Standesamt hatte zuvor befürchtet, dass das Kind lächerlich gemacht wird und Extra nicht als Personenname anerkannt.

Anderson

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe war es nicht zulässig, einem Jungen den Vornamen Anderson zu geben, weil dieser Name in Deutschland nur als Nachname gebräuchlich sei. Das Standesamt Karlsruhe hatte die Eintragung des Vornamens abgelehnt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat diese Entscheidung gebilligt.

Hier kam ein von der Rechtsprechung entwickelter Grundsatz zur Anwendung: Namen, die als Familienname verwendet werden, dürfen nicht als Vorname gewählt werden. Zwar gibt es hiervon Ausnahmen: Namen, die traditionell sowohl als Vor- wie als Nachname gebräuchlich sind (zum Beispiel Martin oder Werner), können als Vorname gewählt werden. Für Anderson trifft das aber nicht zu. Dieser Name ist in Deutschland bislang nur als Familienname gebräuchlich, nicht aber als Vorname.

Anderson inzwischen zulässig

Laut der Namensberatungsstelle der Universität Leipzig haben sich Namen mit der Endung “son” im deutschen Sprachraum inzwischen als männliche Vornamen durchgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin am 3. November 2005 verkündet, dass der Name Anderson das Wohl des Kindes nicht beeinträchtigt. Inzwischen wurde dieser Name in der Geburtsurkunde eingetragen.

Weitere Gerichtsurteile

Zulässige Namen

Domino Carina * Ineke * Adermann * Lynik * Wanek * Michael Cougar * Claus-Maria * Galaxina * Cosma-Schiwa * Lafayette * Pebbles * Latoya * Sascha * Sonne * Tanisha * Cheyenne * Chelsea * Dior * Gor * Godot * Ibanez Sophie * Bo * Laurence * Alisha * Uragano * Mikado * Sweer * Johannes-Marie * Merle * Raven * Prestige * Maha * River * Roi * Gerrit * Speedy * Jazz * Kiana Lemetri * Fanta * Jesus * Büb * Birkenfeld * Biene * Alke * Singh * Sundance * Tjorvven * Ogün * Leines * Luc * Mienaatchi * Beke * Mete * LouAnn * Emanuele

Abgelehnte Vornamen

126 Gedanken zu „Gerichtsurteile über ungewöhnliche Vornamen“

  1. Ich glaube, dass einige hier Ursache und Wirkung verwechseln!
    Ein Kevin oder eine Jaqueline haben es in den allermeisten Fällen nicht schwer, weil sie so heißen, wie sie heißen.
    Es ist vielmehr das Problem, dass bestimmte – wie Tina sie nannte – bildungsfernen Schichten solche Vornamen bevorzugen.
    nun ist es aber müßig, hier jemandem, der beim Tetris auch das Quadrat drehen würde, zu erzählen wie er sein Kind nennen soll; wenn die Eltern dem Nachwuchs nicht genug auf dem Lebensweg mitgeben, es ausreichend fördern und unterstützen können, dann kann es noch so „bildungsnahe“ Vornamen haben; die entsprechenden Erwartungen werden trotzdem nicht erfüllt.

    Antworten
  2. Hallo zusammen!

    Ich bin prinzipiell der Meinung dass jeder sein Kind nennen darf wie er möchte.
    Aber bitte, bitte denkt an die Konsequenzen!

    In meinem Fall haben mich meine Eltern „Mariko“ genannt. Ein schöner japanischer Mädchenname. Allerdings habe ich keine japanischen Wurzeln und hier in Deutschland kennt den Namen so gut wie niemand.

    Jeder denkt ein Name der auf -o endet muss ein Jungenname sein. Ich werde mein Leben lang schon für einen Jungen gehalten, wenn die Leute nur meinen Namen lesen und muss das jedes Mal richtig stellen. Es nervt wenn sich die Leute auf einen Mann einstellen und dann doch eine Frau sehen.

    Also bitte nennt eure Kinder wie ihr wollt, denkt aber kurz darüber welche Konsequenzen es haben könnte. Meinen Eltern waren diese Konsequenzen nicht bewusst.

    Antworten
  3. Mir scheint, Fabien und Mimi wissen am besten, welche Auswirkungen „kreative“ Namensgebung so hat. Zwischen Wald- und Wiesen- und Erklärbär-Namen muss es doch einen Mittelweg geben?
    Und bei all dem denglischen Unsinn find ich’s oberpeinlich, wenn die eigenen Eltern den Namen nicht mal oder nur mit grauenhaftem deutschen Akzent aussprechen können. Bei HOPE ist die Gefahr vielleicht nicht so gross, aber für mich klingt ein Henry oder Henri, weder englisch noch französisch ausgesprochen, sehr befremdlich.

    Antworten
  4. Manchmal finde ich es schon sehr befremdlich, wenn Leute meinen, ein oder mehrere Vorname/n müssten auf ein Geschlecht hinweisen. Zwar ist gerade mein Name da ein schlechtes Beispiel für, aber es ginge mir bei der Namenswahl wohl eher um den Klang, die Bedeutung oder die Herkunft. Elliot, Alex, Maxime oder Conni sind gute Beispiele für ungeschlechtliche oder sexistische Namen. Und „junge Frau“, eine mögliche Bedeutung meines Namens, klingt irgendwie boden- und selbstständig.
    Außerdem bin ich der Meinung, dass man anhand eines Vornamens wenig, und wenn, nur bedingt feststellen kann, wer dahinter steht (nicht jeder tritt in die Fußstapfen der Eltern). Und im Falle von Hope wäre es mir als Richter, oder wer immer da noch Einfluss drauf hat, sehr egal, ob Männlein, Weiblein, oder was dazwischen. Mir persönlich sagt der Name nicht so zu, aber eher vom Klang her und sicherlich gibt es noch viele weitere Namen mit der Bedeutung Hoffnung, aber das sei jedem selbst überlassen.
    Und andererseits sollte man zwar darauf achten, dass es dem Kind nicht schadet, aber übertreiben sollte man es wirklich nicht. Da bleiben einem nicht mehr viele schöne Namen zur Auswahl und schließlich sollte auch nicht jedes zweite Kind so heißen.
    Hänseleien anhand des Namens habe ich zum Beispiel nicht oft, und wenn nur von Fremden erlebt. Und was das Kind da braucht, ist kein anderer Name, sondern Unterstützung und Fürsorge.
    Das war es dann auch endlich meinerseits.

    Antworten
  5. Bedauerlich, dass in Deutschland alles reglementiert und verordnet werden muss. Und letztlich ist es der Willkür überlassen, ob ein Name verwendet werden darf. „Jesus“ ist z.B. in Spanien ganz gewöhnlich, in Deutschland verboten. Mohamed, Moses oder Buddha sind hingegen erlaubt. Und warum darf in Deutschland „Lucifer“ als Vorname nicht verwendet werden? Haben wir hier etwa ein kirchliches Diktat?
    International gibt es diese staatlichen Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit nicht. Der deutsche Staat hält seine Bürger jedoch für so unmündig, dass es für alles und jedes Vorschriften und Verbote gibt. Schade, wir leben nicht in einer Demokratie, sondern in einer Bürokratie…

    Antworten
    • Der Vorname Jesus ist in Deutschland nicht verboten und auch Lucifer nicht. Es wurde lediglich davon abgeraten, den Namen zu vergeben.
      Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem es Einschränkungen in der Namenswahl gibt.

Schreibe einen Kommentar zu Fred Antworten abbrechen