… besprengte sie bei Erteilung des Namens mit geweihtem Wasser

Von Tileman Dothias Wiarda, 1799 (bearbeitet von Knud Bielefeld)


Tileman Dothias Wiarda

§ 6. Auch der Germane besprengte sie bei Erteilung des Namens mit geweihtem Wasser

Bei allen bekannten Völkern scheint die Benennung eines Kindes mit Feierlichkeiten, die auf den Gottesdienst Bezug hatten, verknüpft gewesen zu sein. Der Grieche opferte den Göttern und legte dem Kinde einen Namen bei. Dem Römer war der Tag wichtig, an welchem er sein Kind benannte. Er nannte ihn den Reinigungs- oder auch den Namenstag und hatte eine besondere Göttin, die diesem Tag vorgesetzt war. Juden gaben ihren Söhnen bei der Beschneidung und die Christen bei der Taufe einen Namen. Wir finden zwar von Tacitus und anderen römischen und griechischen Schriftstellern, die uns mit den Sitten und Gewohnheiten unserer Vorfahren bekannt gemacht haben, keine Feierlichkeiten bei Benennung der Kinder aufgezeichnet, indessen können wir doch aus anderen Quellen erweisen, dass unsere Vorfahren auch von dieser allgemeinen Volkssitte nicht abgegangen sind. Aus der erwähnten Heimskringla geht hervor, dass bei den nördlichen Germanen die Kinder mit Wasser besprengt wurden und dann einen Namen erhielten. Auch mitten im alten Deutschland war das Besprengen der Kinder mit Wasser Sitte. Das folgt schon aus dem Befehl des Papstes Gregorius, wonach die, welche von den heidnischen Priestern getauft oder mit Wasser besprengt waren, noch einmal im Namen der Dreieinheit von dem christlichen Priester getauft werden sollten.

Die Alten glaubten sich durch eine feierliche Abwaschung von Missetaten reinigen zu können.

So reinigte Pilatus sein durch ein ungerechtes Urteil beflecktes Gewissen mit der Abwaschung seiner Hände. Auch selbst einige Völker in Asien und Amerika besprengten ihre Kinder mit Wasser und reinigten sie von zukünftigen Missetaten. Die Völker waren der Meinung, dass eine Begießung oder Besprengung mit Wasser auch Einfluss auf den Körper und auf die ganze Glückseligkeit des Menschen hatte.

Daher der noch bis zu diesen Tagen besonders in Sachsen bestehende Aberglaube einiger alter Weiber, die sich des übriggebliebenen Taufwassers bei Krankheiten, Unfruchtbarkeit und Hurerei bedienen. Unsere Vorfahren haben also, nach der aus dem greisesten Zeitalter entsprungenen und sich bei den meisten Völkern fortgepflanzten Gewohnheit, ihre Kinder mit Wasser besprengt, diese Taufe für ein Vorbereitungsmittel des künftigen Wohlstandes ihrer Kinder gehalten und ihnen bei dieser Gelegenheit einen Namen gegeben, unter welchem sie auf dem Schauplatz der Welt auftreten, denselben durchwallen und wieder abtreten sollten.