Nachher schlichen sich fremde Namen ein

Von Tileman Dothias Wiarda, 1799 (bearbeitet von Knud Bielefeld)


Tileman Dothias Wiarda

§ 28. Nachher schlichen sich fremde Namen ein. Dazu gab das eingeführte Christentum die erste Veranlassung

Bis ins Mittelalter waren die Deutschen ein eingeborenes und unvermischtes Volk. Der Deutsche heiratete ein deutsches Weib. Von Generation zu Generation floss reines deutsches Blut. Der deutsche Charakter, Religion, Sprache, Sitten und Gebräuche gingen von Eltern auf Kinder und Enkel über. Bis dahin führte denn auch jeder Deutsche einen deutschen oder germanischen Namen. Eine neue Religion hatte schon an sich vielen Einfluss auf Abartung der Sitten und Gebräuche. Um so viel mehr musste sie auf Eigennamen wirken, da die Priester für gewisse ausländische Eigennamen eingenommen waren, die mit ihrer Religion in Verbindung standen. Das Christentum war daher die erste veranlassende Ursache zur Einführung fremder Eigennamen. Diese fremden Eigennamen breiteten sich allmählich weiter aus, so wie das Ansehen der Geistlichen stieg, ihr Wirkungskreis sich ausdehnte, Handel und Verkehr mit dem Ausland sich mehrte, Eingeborene auswanderten, Ausländer sich in allen Gegenden Deutschlands niederließen und ihre fremden Taufnamen ihren Kindern und Nachkommen mitteilten. Zwar wurde so allmählich Deutschland mit fremden Taufnamen überschwemmt, indessen wurden die deutschen Eigennamen nicht verdrängt. Vaterländische oder echt germanische und fremde Taufnamen stehen jetzt nebeneinander und blühen zugleich auf deutschem Boden.