Berühmte Namensträger: Werner

Von Ernö und Renate Zeltner


Der vor allem im Mittelalter weitverbreitete Name wurde über mehrere Ritterdichtungen auch im 19. Jahrhundert wieder sehr populär und war auch im nicht gerade friedlichen 20. Jahrhundert noch beliebt.

Im 13. Jahrhundert machten der mittelhochdeutsche Spruchdichter Bruder Wernher und der Epiker Wernher der Gartenaere (Gärtner) von sich reden. In jüngerer Zeit finden sich namhafte Künstler, Forscher und Techniker unter den Namensträgern: der Romancier Werner Bergengruen, der Schauspieler Werner Krauß, der Komponist Werner Egk; ferner Filmregisseur Werner Herzog, aber auch der Atomphysiker Werner Heisenberg und der Raketenbauer Wernher von Braun.

Einer der großen Pioniere namens Werner war der Ingenieur, Erfinder und Industrielle Werner von Siemens (1816-1892). Er stammte aus einer Gutspächtersfamilie mit 14 Kindern und wollte nach der Schule gerne Bauingenieur werden. Da die Eltern ein Studium für ihn nicht finanzieren konnten, trat er ins preußische Ingenieurskorps ein und wurde Offizier.
Eines Tages fand er sich als Arrestant in der Zitadelle zu Magdeburg, doch dürfte der Artillerist Siemens deshalb nicht gerade gelitten haben. Vielmehr genoss er die Strafe, weil sie ihm Zeit zum Nachdenken und Tüfteln bot. Zudem schützte ihn sein Offiziersrock vor Unbotmäßigkeiten durch die Wachsoldaten. Es war auch nichts Ehrenrühriges, was sich Siemens hatte zuschulden kommen lassen. Er war Sekundant in einem Handel gewesen, bei dem es um die Ehre ging, aber die Sache verstieß eben gegen die Vorschriften. Die Bewacher ließen sich von dem verrückten Artillerieoffizier sogar zu Botengängen überreden, wenn er für seine Experimente wieder mal Pülverchen oder Säurelösungen benötigte. Doch die gönnerhafte Nachsicht, mit der man dem uniformierten Sonderling bisher begegnet war, schlug um in misstrauischen Respekt, nachdem ein Wachhabender Augenzeuge der gelungenen galvanischen Vergoldung eines Silberlöffels geworden war. Der lief zu den Kameraden und behauptete: »Er kann aus Silber Gold machen! Ich hab‘ es selbst gesehen. Er ist mit dem Teufel im Bunde!«

Noch in Armeediensten machte Siemens innerhalb weniger Jahre eine Vielzahl technischer Erfindungen; er entwickelte den Differenzregulator für Dampfmaschinen und das sogenannte anastatische Druckverfahren.

Werner von Siemens
Werner von Siemens

Die Erfindung des elektrischen Zeigertelegrafen mit Selbstunterbrechung und der mit Guttapercha überzogenen elektrischen Leitungsdrähte veranlasste ihn, zusammen mit dem Präzisionsmechaniker J.G. Halske, 1847 die erste Telegrafenbauanstalt in Berlin zu gründen. Nach seinem Ausscheiden aus Armee und Staatsdienst (1849) wandte sich Siemens anderen wissenschaftlichen Fragen zu. Mit seinem verbesserten Morsesystem waren viel größere Entfernungen zu überbrücken als bis dahin. Zusammen mit seinen Brüdern baute er das norddeutsche (und auch das russische) Telegrafennetz auf. Mit verschiedenen neuen Verfahren war er an der Verlegung mehrerer Tiefseekabel durch englische Techniker im Mittelmeer und von Suez bis Indien beteiligt. Unter seinen vielen Erfindungen war der Dynamo (1867) sicherlich die wichtigste; sie war die Voraussetzung für den späteren Elektromotor. Das dynamoelektrische Prinzip war die Geburtsstunde der Starkstromtechnik – von nun an konnten Generatoren und Lichtanlagen gebaut werden. 1879 stellte Siemens für die Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Eisenbahn her, und auch der elektrische Fahrstuhl war sein Werk.

Unmöglich, all die Erfindungen und Neuentwicklungen des genialen Mannes aufzuzählen. Motoren, Straßenbahnen, medizinische und technische Geräte tragen seinen Namen. Aus der kleinen Berliner Hinterhofwerkstatt wurden die Siemens & Halske AG, die Siemens-Schuckert- Werke für Starkstromtechnik und die Siemens-Reiniger-Werke für elektromedizinische Geräte und viele mehr. Um die Jahrhundertwende entstand in Berlin-Spandau die Siemensstadt, wo ein großer Teil der Betriebe der Siemens AG zusammengefasst war. Ab 1930 wurde von der Architektengemeinschaft »Der Ring« (unter H.B. Scharoun) die berühmt gewordene Wohnsiedlung gebaut. Werner Siemens bekam 1860 den Ehrendoktor der Berliner Universität, 1894 wählte man ihn zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und 1888 verlieh ihm Kaiser Friedrich III. den erblichen Adel. Gut hundert Jahre nach seinem Tod, nämlich 1997, betrug der Umsatz aller Siemens-Firmen weltweit 107 Milliarden DM, der Reingewinn 2,6 Milliarden DM.