Spanien – das Land von José und María

Plaza de Espana in Sevilla © stevanzz – Fotolia.com
Plaza de Espana in Sevilla © stevanzz – Fotolia.com

von Reiner Wandler


„Weißt du wie der Kellner heißt?“ – In Spanien kein Problem.

Es gibt viele, die es sich ganz einfach machen. Stehen Männer hinter der Theke rufen sie „Pepe“, wollen sie eine Frau auf sich aufmerksam machen, „Mari“. Es funktioniert tatsächlich fast immer. Ab 35 aufwärts heißen die meisten Frauen María. Pepe, die Kurzform von José, ist der weitverbreitetste Name unter Männern. Zu Zeiten des Diktators Franco zeugte es vom guten Ton, den Kindern einen dieser beiden biblischen Vornamen zu geben.

Was tun, um die vielen Pepes und Maris auseinanderhalten zu können?

Ganz einfach, es wurde ein zweiter Vorname hinzugestellt. Üblicherweise dienten die Großeltern als Namenspaten. Waren deren Vornamen nach mehreren Kindern aufgebraucht, half meist ein Blick in den Kalender, ein José oder María mit dem Heiligen des Tages dahinter und fertig war der neue Vorname. José María, José Francisco, José Miguel, María Isabel, María Carmen lauten einiger dieser Kombinationen.

Wenn es um weibliche Vornamen geht, sind die Spanier einfallsreicher.

Der Marienkult, dem viele auf der iberischen Halbinsel huldigen, hilft bei der Entscheidung. María José oder gar María Jesús sind übliche Namen. María del Pilar ist etwas für Nationalisten. Denn die Heilige Jungfrau von der Säule ist Schutzpatronin von Spanien. Mögen es die Eltern gerne kolonial, dann heißt die Tochter María de Africa. Ist der Vater oder Großvater Fischer, heißt die Kleine schon mal María del Mar. Für die Katholiken, die in der Religion gerne das Leiden herausstellen, bietet sich María Dolores (Schmerzen) an. Wer glaubt, dass Töchterchen nie einen abbekommen wird, kann sie María Soldedad (Einsamkeit) nennen. Wer an die unbefleckte Empfängnis glaubt, nennt sie María Concepción. Für Freunde der Weihnachtsgeschichte bietet sich María Belén (Bethlehem) an, und für besonders Frommen eine María Piedad.

Wenn wundert es, dass so manchem Mädchen oder jungen Frau, der religiöse Eifer ihrer Erzeuger schnell zu viel wird. Sie benutzen lieber eine Kurzform. Aus einer María Jesus wird eine Masus oder eine Chus. María del Pilar wird zu Maripili, María Piedad zu Maripi, María Dolores zu Lola, María Concepción zu Concha und die einsame María Soledad nennt sich Sole.

Wer das Glück hat wie María Ana oder María Isabel per Tagesheiliger einen zweiten, wohlklingenden Vornamen abbekommen zu haben, benutzt diesen meist ausschließlich und wundert sich, wenn sie dann bei offiziellen Schreiben oder auf dem Amt doch wieder Señora María angesprochen wird.

Doch all das wird langsam zur Geschichte. Spanien hat sich geöffnet.

Das zeigt sich auch bei der Namenswahl. In den letzten Jahren lassen sich junge Eltern immer mehr von Stars und Sternchen, gerne auch aus Übersee, inspirieren. Bei der letzten Liste der zehn beliebtesten Bubennamen ist José nicht mehr vertreten. Alejandro, Daniel, Pablo, David, Adrían, Javier, Alvaro, Sergio, Carlos und Marcos lautet die männliche Top Ten. 20 Prozent der 2005 geborenen Jungs haben einen dieser Namen.

Bei den Mädchen ist der Drang zur Uniformität noch größer.

25 Prozent horchen auf einen Namen aus der Liste der beliebtesten zehn. María liegt nur noch auf Platz zwei nach Lucía, auch wenn die Bibel weiterhin Hauptinspirationsquelle bei der Namensgebung ist. Paula, Laura, Marta, Alba, Claudia, Carla, Andrea und Sara lautet der Rest der Hitparade. In den Regionen mit eigener Sprache, wie bei den Basken, wird gerne auf die Tradition zurückgegriffen. Iker, Unai und Ander sind bei den Jungs die Spitzenreiter, Irati, Ane und Naroa bei den Mädels.

Noch Ausgefalleneres schwappt per TV-Serien über den Ozean.

Jenifer, Jesica und Vanesa sind groß in Mode. Bei den Jungs ist es Borja. So manche Eltern wollen trotz der mutigen Namenswahl doch nicht ganz auf die Tradition verzichten. Sie hängen deshalb ein María an. „Borja Mari“, hallt es durch die Parks der Vorstädte.